Projekt zum Gebrauch von Steinwerkzeugen
Feldforschung mit Javaneraffen

Wie nutzten unsere Vorfahren Steinwerkzeuge? Das wollte der Tübinger Paläoanthropologe William Snyder im Rahmen eines Forschungsprojekts herausfinden – und das nicht etwa im Labor, sondern in Freiburgs Tiergehege Mundenhof. In der letzten Märzwoche untersuchte er dort das Verhalten der Tiere.
Javaneraffen eignen sich besonders gut für die Forschung, denn: In freier Wildbahn nutzen sie Steinwerkzeuge, um Nüsse und Schalentiere zu öffnen. „Javaneraffen sind sehr geschickt und schnell“, sagte Mundenhofleiterin Birte Boxler. „Da sind auch schon Handys von Besuchenden abhandengekommen, die zu nah am Zaun standen. Wenn wir Glück haben, können wir den Leuten die SIM-Karte zurückgeben.“
Der Tübinger Wissenschaftler wollte herausfinden, wie die Äffchen mit Nachbildungen von Faustkeilen und anderen prähistorischen Steinwerkzeugen umgehen. Snyders erstes Fazit: „Die Affen sind von den Steinen auf jeden Fall begeistert.“ Die Beobachtungen könnten neue Erkenntnisse über unsere Vorfahren liefern, denn wie frühe Formen des Menschen genau mit Werkzeugen umgegangen sind, ist bisher noch nicht geklärt.
Früchte als Lockmittel
Das Experiment lief über fünf Tage. Am ersten Tag beobachtete der Forscher die Affen in ihrer gewohnten Umgebung. Ab dem zweiten Tag kamen dann Nachbildungen historischer Steinwerkzeuge und Rätselboxen ins Spiel. In den durchsichtigen Boxen waren Früchte versteckt, die bei den Tieren besonders gut ankommen. Snyder wollte herausfinden, wie die Primaten auf die Werkzeuge reagieren und ob sie sie nutzen würden, um die Boxen zu öffnen. Sobald ein Affe ein Werkzeug einsetzte, gab es zur Belohnung eine Extraportion der beliebten Leckereien.
Um Stress bei den Tieren zu vermeiden, integrierte Snyder seine Untersuchungen in den Arbeitsalltag auf dem Mundenhof. „Wir haben die normalen Abläufe beibehalten“, sagte Tierpflegerin Alina Rießle, die ihn unterstützte. „Die Fütterungen liefen weiter wie gewohnt. Zusätzlich sind wir rein und haben die Rätselboxen angebracht. Das war auf jeden Fall etwas Besonders für die Affen.“ Rießle half dem Paläoanthropologen dabei, die Affen während der Experimente richtig zuzuordnen und zu identifizieren.
Aktuell leben auf dem Mundenhof 30 Javaneraffen in einem großzügigen Freigehege mit Innenanlage. Das statten die Tierpfleger*innen immer wieder neu mit Beschäftigungsmöglichkeiten und kreativen Herausforderungen bei der Futtersuche aus.
Paläoanthropologie ist die Wissenschaft von der menschlichen Evolution. Sie erforscht die Entwicklung des Menschen und seiner Vorfahren anhand von Fossilien, Skeletten und genetischen Spuren. Das Experiment auf dem Mundenhof ist Teil einer umfassenden Studie, die Snyder zusammen mit Elisa Bandini von der Universität Zürich leitet.
Dieser Artikel erschien im Amtsblatt Nr. 884, am 29. März 2025. Wer auf dem Laufenden bleiben will, wird alle zwei Wochen per Newsletter über das neue Amtsblatt informiert. Jetzt anmelden!