Steckbrief
Gründerzeithaus in der Wiehre
Das Gründerzeithaus in der Erwinstraße wird vom Eigentümer, Herrn Urs Dischler, Energieberater und Zimmermeister, sehr engagiert in mehreren Stufen saniert. In den obersten drei Stockwerken ist es im Endausbau fast auf Passivhausstandard, in den unteren Stockwerken etwa auf Niedrigenergiehaus-Standard saniert. Die schöne historische Fassade des nicht denkmalgeschützten Hauses blieb dabei erhalten.
Die Sanierung ist sowohl energetisch als auch architektonisch sehr anspruchsvoll: Das zweite Obergeschoss und die zwei Dachgeschosse wurden zu einer Wohneinheit mit 170 m² Wohnfläche zusammengefasst. Einige vormals dunkle, kleine Zimmer wurden zusammengelegt, die Fenster zur Hofseite vergrößert. Der Lieblingstreffpunkt der fünfköpfigen Familie Dischler mit ihren Kindern Luis, Finn und Benjamin ist nun die behagliche und jetzt lichtdurchflutete große Wohnküche.
Familie Dischler legt großen Wert auf Nachhaltigkeit: für die selbständige Bekleidungsingenieurin und den Zimmermann auch fast schon aus Berufstradition. Deshalb erfolgt die Beheizung der drei oberen Stockwerke ausschließlich über erneuerbare Energien: mit einem wasserführenden Holzofen im Wohnzimmer und einer Solarthermieanlage mit insgesamt 12,5 m² Flach-Kollektoren.
Diese liefern ihre Wärme an die Fußboden- und Wandheizung der oberen Etagen. Frischwasser wird hier direkt über einen Wärmetauscher mit einer modernen Frischwasserzentrale erhitzt. Zur Speicherung dient ein 1.000 Liter Schichtenspeicher. Teil des energetischen Konzeptes ist eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Zur Beheizung der unteren Stockwerke steht ein Gasbrennwertkessel zur Verfügung, der Warmwasserbedarf wird hier im Sommer ebenfalls über die Solaranlage gedeckt. Die Lüftung erfolgt im Erdgeschoss dezentral und ebenfalls mit Wärmerückgewinnung.
Der Erfolg der Sanierungsmaßnahmen ist beachtlich: Lag der Energiebedarf früher bei 100.000 Kilowattstunden pro Jahr, sind es seit 2010 nur noch knapp 25.000. Bei 315 Quadratmeter Wohnfläche sind das 77 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – eine Reduktion um 76 Prozent.
Dazu musste selbstverständlich auch eine Dämmung auf hohem Niveau und – entsprechend der Familienphilosophie – mit nachwachsenden Rohstoffen erfolgen. Die Dachschrägen mit den 14 cm starken alten Sparren wurden mit zusätzlich 16 cm nach außen aufgedoppelt und dann mit 30 cm Zellulose ausgeblasen. Außen als regensicheres Unterdach dienen nochmals 36 mm Weichfaserplatten. Schwierige Stellen wurden mit Hanf gedämmt. Der U-Wert des Daches erreicht so mit 0,14 W/ m²K Passivhausstandard. Dennoch konnte der Zimmermeister Urs Dischler als Fachmann die Dachansichten sehr gefällig halten.
Auch die Außenwände wurden bei der Dämmung berücksichtigt. Die historische Fassade blieb erhalten. An der Straßenseite wurde eine 10 cm starke Innendämmung mit Zellulose ausgeführt (U= 0,28 W/m²K). Als Dampfbremse wurde eine feuchtevariable Folie angebracht, die für eine schnelle Rücktrocknung sorgt. Raumseitig sind 25 mm starke Gipskartonplatten und in den Fensterlaibungen Kalziumsilikatplatten installiert. Um die Maßnahme komplett zu machen, wurden die Kappendecke im Keller mit 16 cm Zellulose gedämmt.
Störend sind noch die Wärmebrücken, die aus den rückseitigen Beton-Balkonen aus den 70er Jahren resultieren. Es ist geplant, diese Balkone abzusägen und ein 24 cm starkes Wärmedämmverbundsystem, bis zum Treppenhaus, aufzubringen. Die neue Balkonanlage wird dann nur davor gestellt und dabei gleich zur besseren Nutzung erweitert.
Diese Maßnahmen sind derzeit aus finanziellen Gründen noch zurückgestellt. Alle Anschlüsse (Dachüberstand, Dachrinnen, Balkone etc.) wurden aber bereits entsprechend geplant und vorbereitet. Neue Fenster wurden zum Überdämmen mit breiteren Rahmen ausgeführt.
Alle Fenster ab dem 2. OG und auch die Dachfenster sind 3-fach verglast und haben einen Holzrahmen – passend zur alten Fassade. Zusätzlich wird mit den aufgesetzten Sprossen und Abstandshaltern im Oberlicht der klassische Charme des Gebäudes unterstrichen.
Monatlich sparen die Dischlers jetzt mehrere hundert Euro. Die energetischen Sanierungskosten belaufen sich auf 97.600 Euro. „Die Kosten haben sich, abzüglich der Förderung, nach 15 – 20 Jahren und somit innerhalb der Lebensdauer der Sanierungsmaßnahmen amortisiert“, rechnet Urs Dischler vor. Die Sanierung erleichtert haben zinsgünstige Kredite der KfW. Zuschüsse kamen unter anderem von der Stadt Freiburg. Sie bezuschusste die Dämmmaßnahmen und die Heizung mit 2.950 Euro.
„Das was uns am meisten erfreut, ist aber gar nicht zu beziffern,“ sagt Astrid Ivenz-Dischler: „Etwa die große Behaglichkeit und das Gefühl etwas für den Umweltschutz geleistet zu haben. Es gibt nichts Schöneres, als in der Badewanne zu liegen und zu wissen, dass die Sonne das Wasser erwärmt hat. Auch unsere Kinder erleben hier aktiven Klimaschutz – jeden Tag.“