Zeit für die Pflege – und für Fragen
OB vor Ort in Opfingen
Pflegebedürftige und Kitakinder, Gewerbegebiete und Schulen, Einräder und Diabolos – nicht nur die Themen waren bei „OB vor Ort“ in Opfingen vielfältig und bunt. Die akrobatische Zirkusgruppe Phantasia vom Turnverein Opfingen brachte gleich zu Beginn eine schwungvolle, zuversichtliche Stimmung in die Tuniberghalle, die sich durch den ganzen Abend zog.
150 Interessierte konnte Ortsvorsteherin Silvia Schumacher vorige Woche zur Gesprächsreihe begrüßen. Ein Thema, Pflege und Senioren, hatte Oberbürgermeister Martin Horn mit an den Tuniberg gebracht. Der restliche Abend war für Bürgerfragen reserviert, für die der OB vorab Spielregeln aufstellte: „A: fair, B: sachlich, C: ohne lange Referate.“
Pflegebedarf ist da
Zunächst verdeutlichte Anja Schwab, die Leiterin des Seniorenbüros mit Pflegestützpunkt, warum ihr Thema auch für die Ortschaft relevant ist: „21 Prozent der Opfinger Bevölkerung sind über 65. Das sind 963 Menschen.“ Die Aufgabe des Seniorenbüros ist neben der Beratung von Älteren auch die Bedarfsplanung. Das größte Problem sei der Personalmangel: „Selbst wenn ein Pflegeheim gebaut wird, heißt es noch lange nicht, dass es auch betrieben werden kann.“
Alleingelassen werden die Älteren in Opfingen dennoch nicht. Neben dem Seniorenbüro, das alle zwei Wochen eine Außensprechstunde im Ort hat, sind auch die Evangelische Sozialstation und die Caritas aktiv. Bundesweit Beachtung findet das „Opfinger Modell“, das vom Gesundheitsministerium des Landes gefördert wird. Die Sozialstation bietet mit dem Projekt einen ambulanten Pflegedienst für die Tuniberggemeinden an, der speziell zur Überbrückung da ist. Verhinderungspflege nennt sich das im Fachjargon. Sie springt ein, wenn pflegende Angehörig Urlaub machen oder selbst krank sind, wenn noch kein Platz im Pflegeheim bereitsteht oder Pflegebedürftige nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht selbstständig genug sind.
Noch im Februar eröffnet die Caritas zudem eine Tagespflege in Opfingen. Von Montag bis Freitag werden hier Menschen betreut, verpflegt und aktiviert. Auch an Feiertagen, „um Angehörigen und 24-Stunden-Pflegekräften die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen“, wie Einrichtungsleiterin Judit Hasler betonte.Reinhard Pfeiffer vom Bürgernetzwerk eröffnete die anschließende Bürgerrunde mit dem Motto der Tagespflege in Oberried: „Alt werden in und mit der Dorfgemeinschaft.“ Das wünsche er sich auch für Opfingen und appellierte an alle, sich ehrenamtlich zu engagieren.
Platz fürs Handwerk
Auf ein ganz anderes Problem machte ein örtlicher Handwerker aufmerksam. Es brauche in Opfingen eine Erweiterung des Gewerbegebiets, damit Kleinbetriebe nicht abwanderten. Damit stieß er bei Horn auf offene Ohren: „Dezentrale Weiterentwicklung ist sehr wichtig. Ich informiere mich, wo es hier gerade Hindernisse gibt und wie es weitergehen kann.“
Gleich zwei Anliegen hatte ein weiterer Bürger. Auf seine Frage nach der Verpackungssteuer verwies der OB auf eine kommende Gemeinderatsdiskussion. Bei ihm selbst schlügen zwei Herzen in der Brust. Ein Green-City-Herz und eines gegen Überbürokratisierung. Auch die Anwesenden waren sich bei einer spontanen Umfrage uneins. Horn sah im Publikum eine leichte Tendenz gegen eine solche Steuer.
Kommt die neue Schule?
Seine zweite Frage eröffnete einen weiteren großen Themenkomplex des Abends: Welchen Schultyp bekommt Opfingen? Horn machte klar, dass es offiziell noch gar nicht beschlossen sei, ob überhaupt eine Schule komme. Aber die Chancen stünden sehr gut. Im letzten und dem kommenden Haushalt seien insgesamt 1,5 Millionen Euro an Planungsgeldern veranschlagt.
Um die weitere mögliche Finanzierung zu erklären, musste der OB etwas ausholen. Demnächst würden die Anteile von Remondis (47 Prozent) an der Abfallentsorgung für 20 Jahre neu ausgeschrieben. Der zu erwartende Millionenbetrag könnte in einen Eigenbetrieb fließen und so dem Schulneubau zur Verfügung stehen. Wenn man eine Verbundschule, bestehend aus einer Gemeinschaftsschule und einem Gymnasium, plane, sei die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) „Rückenwind für die Tunibergschule“. Allerdings auf Kosten der beruflichen Schulen, die großen Sanierungsbedarf haben.
Gefragt nach einem konkreten Zeitplan, verwies Horn noch mal auf den fehlenden Gemeinderatsbeschluss und gab trotzdem preis: „Ich persönlich würde mich über einen Spatenstich 2028 oder 2029 freuen.“
Zu nass fürs Getreide
Die Landwirtschaft stehe am Tuniberg vor zwei großen Problemen, so ein Landwirt aus dem Publikum. Hier wie andernorts gehe landwirtschaftliche Fläche oft „zwei Mal verloren“. Zum einem durch die Bebauung selbst und zum anderen durch Fläche, die anderenorts als Ausgleich für die Bebauung renaturiert werden muss.
Sein zweites Anliegen betraf den Wasserspiegel. Die Entwässerungsgräben seien früher jährlich ausgebaggert worden, heute nur noch alle zehn Jahre. Zudem setzten sich durch die Teilrenaturierung im Mühlbach Sedimente schneller ab, das Wasser stehe hier oftmals höher als auf den Feldern ringsum. Horn bat ihn – wie die meisten Fragestellenden –, nach der Veranstaltung zu seinem Team zu kommen, um Kontaktdaten und Anliegen zu hinterlassen: „Die Themen werden mitgenommen, sie verpuffen aber nicht.“
Gleich mehrere Anwesende machten auf den ihrer Meinung nach miserablen Zustand von Radwegen und Straßen aufmerksam. Das sei wirklich ein Problem in Zeiten von Sanierungsstau, so Horn. Für Straßen und Wege gebe es
Dringlichkeitslisten je nach Priorisierung. Er bot an, zu checken, an welcher Stelle die angesprochenen Verkehrswege stünden.
Einen weiten Bogen vom anfänglichen Pflegethema hin zu Kindertagesstätten spannte eine Vater von zwei kleinen Töchtern: „Die Ganztagesplätze reichen einfach nicht. So kann man Familie und Beruf nicht unter einen Hut bringen.“ Der OB wies darauf hin, dass das Problem – wie in der Pflege – die Personalsituation sei. Zwar hätten die Einrichtungen in Opfingen sogar mehr Plätze, als es Überdreijährige im Ort gebe, aber bei der Nachmittagsversorgung bestünde ein
„Riesenbedarf“. Ob sich etwas ändere, wenn die Kita in Waltershofen von zwei auf sechs Gruppen ausgebaut werde oder die neuen Kitas in Munzingen oder Tiengen entstünden, bliebe abzuwarten.
Zum Abschluss appellierte Horn an alle, weder Deutschland noch die Stadt schlechtzureden. Es brauche Menschen, die sich engagieren: „Dinge werden nur besser, wenn wir sie besser machen.“
Weitere Infos zu Opfingen finden sie hier.
Erschien im Amtsblatt Nr.880 am Samstag, 1. Februar 2025