Fünf Jahre Notrufortung
Freiburg ist Vorreiter beim Notfallortungsdienst
"Wo genau sind Sie?" Wer einen Notruf absetzt, dem wird diese Frage zwangsläufig gestellt. Doch gerade bei Notfällen auf Landstraßen, im Wald oder auf Feldwegen ist sie nicht immer leicht zu beantworten.
So passiert vor wenigen Jahren: Ein Notruf geht ein. Zwischen St. Ottilien und Zähringen sei ein schwerer Fahrradunfall passiert. Eine genauere Ortsangabe ist nicht möglich. Die Folge: Die Rettungskräfte finden die verletzte Person erst nach 45-minütiger Suche. Erst dann kann sie mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Sie überlebt – aber um Haaresbreite wäre es schief gegangen.
Rettungsleitstelle ist bundesweiter Knotenpunkt
Dass solche Fälle seit fünf Jahren größtenteils der Vergangenheit angehören, liegt vor allem an Henning Schmidtpott von der Integrierten Leitstelle in Freiburg. Er hat dort einen zentralen Server für die Advanced Mobile Location (AML) aufgebaut, eine exakte Notrufortung, die auf 80 Prozent aller deutschen Handys funktioniert. Schmidtpott nahm 2016 als einziger Deutscher an einer Veranstaltung teil, bei der Google den AML-Dienst vorstellte. Ihm war gleich klar, dass es AML auch hierzulande braucht. Doch die Umsetzung gestaltete sich schwierig. Zum einen, weil die knapp 240 Rettungsleitstellen in Deutschland dezentral organisiert sind, zum anderen, weil für die Arbeit mit den hochsensiblen Daten nur wenige Betreiber infrage kommen. Die Lösung: Die Leitstelle in Freiburg stellt den Dienst einfach selbst bereit.
Handy überträgt Standortdaten beim Notruf automatisch
Die AML-Notruftechnik schaltet beim Wählen des Notrufs automatisch alle Ortungsdienste wie GPS und WLAN auf dem Handy ein – auch wenn sie eigentlich deaktiviert sind. Die Standortdaten werden dann an den Server in der Eschholzstraße übertragen, von wo aus sie von den jeweiligen lokalen Rettungsleitstellen abgefragt werden. Auf dem AML-Server in der Leitstelle gehen jeden Tag etwa 100.000 Datensätze ein. Der große Vorteil von AML: Die Ortung funktioniert automatisch und ist meist bis auf zwei Meter genau. Die Rettungskräfte verlieren also keine wertvolle Zeit mit der Standortsuche. Diese Minuten können entscheidend sein: Bei einem Schlaganfall sterben beispielsweise etwa zwei Millionen Nervenzellen pro Minute ab.
Das AML-System funktioniert sowohl mit Android- als auch mit Apple-Geräten. Bei Android ist die Funktion seit Version 2.3, bei iOS ab Version 13.3 integriert. Nach 60 Minuten werden die Daten auf dem Server in Freiburg gelöscht. Ein Rückschluss auf den Notrufenden ist dann nicht mehr möglich. Smartphone-Nutzende können seit kurzem auch Notfallkontakte hinterlegen, die bei einem Notruf zusammen mit den Standortdaten übermittelt werden.
Leben retten dank digitaler Dienste
Vor der Einführung der AML-Funktion mussten Rettungsdienste auf Funkzellenabfragen zurückgreifen. Das dauert länger und ist viel ungenauer. Das AML-System und der zentrale Server in der Eschholzstraße ermöglichen exakte Ortsangaben – auch dann, wenn die Notrufenden kein Deutsch sprechen, gar nicht mehr reden oder sich nicht orientieren können. Nach fünf Jahren steht fest: AML hat seit seinem Bestehen allein in Deutschland tausenden Menschen das Leben gerettet oder sie vor schweren gesundheitlichen Schäden bewahrt.