Seit 50 Jahren eingemeindet: Ebnet
Gestern Dauerstau, heute Wohlfühloase
Seit 1974 gehört Ebnet zu Freiburg – seit dem Neubau der B 31 hat sich die Ortschaft sprunghaft entwickelt.
Die meisten Menschen werden nicht mehr wissen, was sie am 24. Oktober 2002 gemacht haben. Ebnets Ortsvorsteherin Beate Schramm kann sich hingegen sehr gut an diesen Tag erinnern: Sie stand mit vielen anderen am Rand der Schwarzwaldstraße und hat gewartet, dass der Verkehr verschwindet – auf die soeben eröffnete neue B 31, kaum hundert Meter südlich vom Ortstrand entfernt. Seither hat sich Ebnet grundlegend verändert, und ist im Kern doch so geblieben, wie es war.
Kein anderes Ereignis in der über 900-jährigen Geschichte des im Jahr 1113 erstmals urkundlich erwähnten Orts dürfte sich so einschneidend ausgewirkt haben wie die Eröffnung dieser einstmals hochumstrittenen Straße. Rollten zuvor täglich mehrere Zehntausend Fahrzeuge auf einer der am stärksten befahrenen Bundesstraßen Baden-Württembergs mitten durch den Ort und machten diesen dadurch zum Dauerbrenner in den Staunachrichten von SWF3, so herrscht seither das, was das Traditionsgasthaus im Namen trägt: Ruh’.
Kein Wunder, dass die scheidende Ortsvorsteherin Beate Schramm auf der Besichtigungstour durch „ihre“ Ortschaft an vielen Stellen haltmacht, die erst nach 2002 entstanden sind. Erste Station ist aber der Galgenberg, Ebnets Hausberg mit einer beeindruckenden Aussicht bis weit ins Dreisamtal. Dass es diesen Blick überhaupt gibt, ist ein paar vierbeinigen ehrenamtlichen Helfern zu verdanken: Die aktuell noch zwei Ziegeböcke von Ulrike Eberius halten den Hang von hohem Bewuchs frei. Möglich ist das, weil sich im ehemaligen Dorf viele dafür engagieren, von der AG Ebneter Ortsbild bis zur Freiwilligen Feuerwehr, ohne die in Ebnet ohnehin kaum was läuft. „Das ist ein richtiges Gemeinschaftsprojekt“, freut sich Beate Schramm.
Unten in der Steinhalde ist gerade eine Baustelle, die die Zukunft bringt. Die Telekom verlegt Glasfaserkabel, „darüber sind wir sehr froh“. Kaum weniger wichtig sind die kürzlich abgeschlossenen Arbeiten zum Hochwasserschutz. Damit der Welchenbach nicht wie zuletzt 2002 große Schäden hinterlässt, hat die Stadt am Eingang zum Welchenbachtal das Profil der Straße verändert: Künftig würden die Wassermassen bei Starkregen die nahe gelegenen Wiesen fluten und nicht mehr die Keller der Steinhalde.
Plus 50 Prozent
Ortswechsel auf die andere Seite der Schwarzwaldstraße. Wo man sich früher zwischen den meist stehenden Autos durchschlängeln musste, fließt heute sehr überschaubar der Verkehr – und das dank dem neuen Tempoblitzer am östlichen Ortseingang mehrheitlich auch sehr gesittet. Ab der Hornbühlstraße kommt das „neue“ Ebnet. Weil Baustellenverkehr auf der damaligen B 31 unbedingt zu vermeiden war, kam die große bauliche Entwicklung im Ort erst nach 2002 in die Gänge – und wie: Damals wohnten in Ebnet weniger als 2000 Menschen, zum vergangenen Jahreswechsel waren es exakt 3000. Das Plus von 50 Prozent in 20 Jahren hat Ebnet verändert, dem Ort aber auch genutzt. Mit Bäcker, Bioladen, Poststelle, neuem Café und 24-Stunden-Shop, Hofladen, Gasthaus, Pizzeria und zwei fliegenden Markthändlern ist die Ortschaft vergleichsweise gut versorgt – und für alles andere ist die Stadt nicht weit.
FSB baut für Familien
Die Neubaugebiete rund um die Hornbühlstraße bis zum neuen Sportplatz prägen heute den östlichen Ortseingang. Nicht alle im Ort waren zu Beginn mit der neuen Bebauung glücklich, doch heute haben wohl die meisten ihren Frieden damit gemacht. Ein großes Grundstück ist noch frei: 20 Prozent der Fläche sind im Rahmen des städtebaulichen Vertrags an die Stadt gegangen. Hier entsteht bezahlbares Wohnen. Gerade hat die Freiburger Stadtbau im Ortschaftsrat ihre Planungen vorgestellt – die dort auf breite Unterstützung trafen. „Das wird richtig toll“, ist Beate Schramm überzeugt. 24 Wohnungen wird es geben, davon 18 mit vier Zimmern für Familien. Mit ein bisschen Glück sollen noch in diesem Jahr die Bagger rollen.
Ein Highlight ist für Schramm die neue Sportfläche am ebenso neuen Sportplatz des SV Ebnet. Auf vielfachen Wunsch der Jugendlichen und des Ortschaftsrats ist zwischen Radweg und Kickplatz ein Sportpark entstanden, der mit Streetballfeld, Fitnessgeräten, Parcoursanlage und im Boden versenkten Trampolins tolle Angebote schafft und rege nachgefragt wird. „Egal, wann ich hier vorbeikomme: Hier ist immer was los“, freut sich Schramm.
Weiter nach Osten wird sich Ebnet nicht ausdehnen. Wasserschutzgebiet und landwirtschaftliche Flächen setzen hier klare Grenzen. Lediglich auf der Nordseite wäre im „Etter-Ost“ eine kleine Erweiterung möglich, die aber aktuell nicht geplant ist.
Herzstück Dreisamhalle
Der starke Bevölkerungszuwachs zeigt sich auch bei der 2009 eingeweihten „neuen“ Feyelschule. Ursprünglich einzügig geplant, wird sie ab nächstem Schuljahr sieben Klassen umfassen – der im vorigen Jahr fertiggestellte Anbau ist also schon jetzt voll belegt. Mit der Erweiterung wurde die ganze Schule komplett digitalisiert und ist damit für die Zukunft gewappnet. Genau wie die frisch sanierte Dreisamhalle gleich nebenan. Sie bietet nicht nur Platz für den Schulsport, sondern ist die Heimat vieler Ebneter Vereine und damit das Herzstück des bei aller Stadtnähe immer noch dörflichen Lebens. Besonders toll findet Beate Schramm, wie schnell die Halle für ganz unterschiedliche Zwecke gemütlich dekoriert werden kann. „Wir sind wirklich dankbar, was die Stadt hier für uns gemacht hat.“
Der Rundgang wäre nicht vollständig, wenn er nicht – vorbei am wunderbaren Probenhaus des Bachchors – noch zum Schlosspark führen würde. Der Schlossherr Nikolaus von Gayling hat den Ort auch viele Jahrzehnte mitgeprägt, tritt jetzt aber kürzer. Genau wie künftig Beate Schramm: Für eine weitere Amtszeit hat die gerade 65 Jahre alt Gewordene nicht mehr kandidiert, die pflegebedürftigen Eltern in Karlsruhe verlangen andere Prioritäten. Den Namen Schramm wird es im Ortschaftsrat dennoch weiterhin geben: Ihr Sohn Tim hat seinen Anteil, dass das Forum Ebnet mit sechs Sitzen weiterhin die stärkste Kraft bildet.