Mobilitätspodcast: "Hier bewegt sich was!"

Folge 6: Sicher im Straßenverkehr

Wir teilen uns Gehwege, Radwege und Straßen mit vielen anderen Personen. Wie wir sicher ans Ziel kommen, besprechen wir mit Jerry Clark, Referent für Verkehr beim Polizeipräsidium Freiburg.

Ob zu Fuß oder auf Rädern: Wie wir sicher ans Ziel kommen

Darüber sprechen wir in dieser Folge mit Jerry Clark, Referent für Verkehr beim Polizeipräsidium Freiburg.

Folge 6: Sicher im Straßenverkehr

Wir teilen uns Gehwege, Radwege und Straßen mit vielen anderen Personen. Dabei kann es zu Zusammenstößen und Unfällen kommen. Die häufigste Unfallursache ist eine erhöhte Geschwindigkeit, und zwar sowohl im Konflikt zwischen Auto- und Radverkehr als auch zwischen Rad- und Fußverkehr. Zwar stagnieren die Unfallzahlen in Freiburg aktuell, doch das Verkehrsaufkommen steigt kontinuierlich. Außerdem kommen immer neue Verkehrsmittel wie Lastenräder, S-Pedelecs oder E-Scooter hinzu, die die Situation verkomplizieren.

Was für den Experten die Stellschrauben für mehr Sicherheit im Verkehr sind, hören Sie in dieser Folge.

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Intro / Moderatorin: Herzlich Willkommen zum Mobilitätspodcast „Hier bewegt sich was!“. Schön, dass Sie eingeschaltet haben. Mein Name ist Kristina Kühne und ich begleite Sie durch alle 8 Folgen. Die Stadt Freiburg setzt sich seit vielen Jahren für eine klimafreundliche Mobilität ein – sei es durch gut ausgebaute Fuß- und Radwege, verlässliche Stadtbahn- und Busverbindungen oder Sharing-Angebote für Fahrräder und Autos. Der Podcast soll zeigen: Hier bewegt sich was! Wir sprechen mit Zuständigen der Stadt Freiburg, aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern zu allen möglichen Themen rund um Mobilität in Freiburg, zu Infrastrukturprojekten und dem Wunsch, gemeinsam eine lebenswerte Stadt zu gestalten. Denn nicht zu handeln, ist keine Option! Jetzt oder Now. Freiburg steigt um: Für dich. Für die Stadt. Fürs Klima. Hören wir mal rein!
Moderatorin: Wir alle sind täglich wahrscheinlich mindestens einmal unterwegs – ob zu Fuß, mit dem Rad, den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto. Wir teilen uns Gehwege, Radwege und Straßen mit vielen anderen Personen. Dabei können Konflikte entstehen, es kommt zu Zusammenstößen und Unfällen. Ein wichtiges Ziel der Freiburger Verkehrspolitik ist es, die Sicherheit im Verkehr für alle Menschen zu gewährleisten, egal wie und wo sie unterwegs sind. Doch wie gelingt das? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, habe ich mit Jerry Clark gesprochen. Er ist Referent für Verkehr beim Polizeipräsidium Freiburg und kennt sich mit Verkehrssicherheit aus. Ich habe ihn nach den aktuellen Unfallzahlen gefragt und wie sich diese in den letzten Jahren entwickelt haben. Er erzählt uns, wo vermehrt Konflikte auftreten und wer besonders häufig von Unfällen betroffen ist. Außerdem besprechen wir, wie die Stadt für mehr Sicherheit sorgen kann – und wie wir selbst uns im Straßenverkehr durch unser eigenes Verhalten besser schützen können. Starten wir mit einer Einschätzung der aktuellen Situation.
Jerry Clark: Wir hatten in den letzten zehn Jahren vor Corona tendenziell steigende Unfallzahlen und mit Beginn der Corona-Pandemie gingen die Zahlen runter, erwartungsgemäß. Die aktuellen Unfallzahlen in Freiburg sind im Jahr 2023 erst mal beruhigend. Wir haben also diesen Trend der letzten Jahre nicht mehr. Scheinbar ist der Höhepunkt erreicht, aber Prognosen sind jetzt schwierig auf die nächsten Jahre.
Moderatorin: Jerry Clark erzählt mir, dass die Unfallzahlen aktuell stagnieren – sich also weder nach oben noch nach unten verändern. Gleichzeitig steigt das Verkehrsaufkommen. Es sind also immer mehr Menschen, zu Fuß, mit dem Rad und dem Auto unterwegs. Das lässt sich beispielsweise an den steigenden Kfz-Zulassungszahlen ablesen. Und auch die Daten der Radzählstellen in Freiburg zeigen, dass der Radverkehr ebenfalls weiter zunimmt. Das ist zwar gut für den Klimaschutz, allerdings sind Radfahrende tendenziell weniger geschützt als Menschen in motorisierten Fahrzeugen – was sich auch an den Unfallzahlen bemerkbar macht.
Jerry Clark: In Freiburg haben wir bei den schwer verunglückten Verkehrsteilnehmern die Fahrradfahrenden an erster Stelle. Das ist ganz klar bei einer Studentenstadt, wie wir sie hier haben. Und bei der Beliebtheit des Radverkehrs in Freiburg war das nicht sonderlich überraschend. Und eben auch die fehlende Knautschzone, da ist man im Gegensatz zum Autofahrer auch nicht so gut geschützt. Also die Zielgruppe der Radfahrer ist uns als Polizei sehr wichtig und da konzentriert sich auch in Freiburg unsere Verkehrssicherheitsarbeit.
Moderatorin: Im Stadtgebiet Freiburg gab es im Jahr 2022 rund 3.020 Verkehrsunfälle, jeder Dritte mit Personenschaden. Bei den Unfällen verunglückten also mehr als 1.300 Menschen, 4 von ihnen kamen dabei ums Leben. Und in rund 1.000 der Unfälle waren Rad- oder Pedelec-Fahrende involviert. Verkehrssicherheit misst sich aber nicht nur an Unfallzahlen. Auch die Frage, wie sicher ich mich selbst als aktive Teilnehmerin im Straßenverkehr fühle, ist ein wichtiger Aspekt. Fachleute sprechen von der subjektiven Sicherheit. Weil sich das Sicherheitsgefühl von Person zu Person unterscheidet und ein Gefühl nicht in Zahlen gemessen werden kann, ist die subjektive Sicherheit viel schwerer greifbar. Dennoch ist sie sehr wichtig.
Jerry Clark: Ein Beispiel dafür ist der Seitenabstand im Straßenverkehr. Also wie dicht werde ich von Autos überholt, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin. Das ist vorrangig ein Thema der subjektiven Sicherheit. Also ich fühle mich besser, wenn ich einen gewissen Abstand zum überholenden Auto habe. In der Verkehrsunfallstatistik ist diese Unfallursache fast unrelevant. Also das passiert sehr selten, dass ich im Längsverkehr als Fahrradfahrer von überholenden Fahrzeugen touchiert werde. Dennoch ist es für mich ein ganz wichtiges Thema, um mit einem guten Gefühl auf dem Fahrrad von A nach B zu kommen.Moderatorin: Aus Sicht der Freiburger Polizei kommt es besonders dann zu Konflikten, wenn Zufußgehende, Radfahrende und Autofahrende gemeinsame Wege nutzen. Denn die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden haben unterschiedliche Ansprüche an den gemeinsamen Verkehrsraum – und sie sind auch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs. Da unterscheidet sich Freiburg nicht von anderen Städten. Laut Jerry Clark ist erhöhte Geschwindigkeit eine der häufigsten Unfallursachen und zwar sowohl im Konflikt zwischen Auto- und Radverkehr als auch zwischen Rad- und Fußverkehr.
Jerry Clark: Ebenso gibt es Schwierigkeiten, wenn Geschwindigkeiten noch nicht richtig eingeschätzt werden können bei neuen Verkehrsmitteln. Das hat man gesehen mit der Einführung und der zunehmenden Beliebtheit von Pedelecs. Anfangs konnten Verkehrsteilnehmer eben noch nicht richtig einschätzen, dass so ein Fahrrad plötzlich viel schneller unterwegs ist, als man es gewohnt war. Eine weitere typische Unfallursache im städtischen Bereich ist immer dort gegeben, wo sich Fahrlinien kreuzen, also an Kreuzungen, Einmündungen oder bei Grundstücksein- und -ausfahrten. Wenn hier ein Radweg beispielsweise in die falsche Richtung benutzt wird, dann ist das ein Problem zum einen für den Radfahrenden, aber auch für den Pkw-Fahrer, der möglicherweise aus einem Supermarktparkplatz über einen Radweg auf die Straße einfährt und es hier dann zum Konflikt kommt.
Moderatorin: Konflikte und Unfälle passieren also vor allem wegen zu hoher Geschwindigkeit, einer falschen Einschätzung der Geschwindigkeit und wenn sich Wege von Verkehrsteilnehmenden kreuzen. Das klingt nachvollziehbar. Die meisten – und vor allem auch die meisten schweren – Unfälle passieren dabei, wie auch in anderen Städten, zwischen Rad- und Autofahrenden. Jerry Clark betont aber auch:
Jerry Clark: Wir gehen davon aus, dass wir bei Konflikten unter Fahrradfahrenden auch ein größeres Dunkelfeld haben, dass wir da in der Statistik nicht alles sehen. Auf dem Fahrrad, wenn man da eben alleine verunfallt oder mit einem anderen Radfahrer hat man nicht unbedingt gleich die Veranlassung, die Polizei zu rufen. Und nur wenn die Polizei von einem Unfall erfährt, landet er auch in der Unfallstatistik.Moderatorin: Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden ist das oberste Ziel der Verkehrsplanung in Freiburg. Um dieses Ziel zu erreichen, wird ständig am Aus- und Umbau der Verkehrsinfrastruktur gearbeitet. Das hat sich zuletzt vor allem im Bereich des Radverkehrs gezeigt.
Jerry Clark: Auf den Radwegen oder den jetzt neu geschaffenen Radvorrangrouten und ‑schnellwegen, da sind es andere Unfallursachen, die dort vorherrschen. Die finden im Längsverkehr statt, also im Gegenverkehr oder beim Überholen. Die allermeisten Unfälle passieren aber an Konfliktstellen wie Kreuzungen, Einmündungen. Und das gibt es ja meistens nicht auf diesen Vorrangrouten. Und deswegen bildet sich das Unfalllagebild auch dort nicht ab. Die Strecken, die extra für den Radverkehr gebaut wurden, sind per se weniger unfallriskant als der übrige Verkehrsraum. Von daher kann man sagen, wenn sich der Radverkehr auf die für ihn gebauten Strecken verlagert, dann wird sich tendenziell auch das Unfalllagebild verbessern. So ist es jedenfalls meine Hoffnung.
Moderatorin: Man kann also davon ausgehen, dass da, wo unterschiedliche Verkehrsmittel baulich voneinander getrennt werden, die Verkehrssicherheit besser wird. Wie ist es aber mit Fahrradstraßen, auf denen keine Trennung von Rad- und Autoverkehr stattfindet?
Jerry Clark: So haben wir in Freiburg schon diverse Fahrradstraßen, die auch gut funktionieren, die aber nur dann richtig funktionieren, wenn auch die anderen Verkehrsteilnehmer diese Fahrrad-straßen auch akzeptieren. Also auch der Autoverkehr muss sich an eine solche Fahrradstraße gewöhnen. Die Verkehrsteilnehmer müssen die Angebote, die ihnen in der Infrastruktur gemacht werden, auch kennen, akzeptieren und richtig verwenden. Zum Beispiel gibt es wunderbare Radvorrangrouten in Freiburg, die für den Radverkehr gemacht wurden. Aber auch die Radfahrenden müssen sich daran gewöhnen, dass sie auf dieser Vorrangroute mit anderen Menschen unterwegs sind. So sind Teile der Radvorrangroute auch auf gemeinsamen Fuß - und Radwegen unterwegs und da ist natürlich das Recht des zu Fußgehenden genauso zu beachten, wie die Rechte der Radfahrenden.
Moderatorin: Natürlich kann man Verkehrsflächen aber nicht immer und überall baulich voneinander trennen. Die verfügbare Fläche für neue Infrastruktur ist durch Gebäude und Grünflächen begrenzt. Was können wir also selbst noch tun, um Unfälle zu vermeiden?
Jerry Clark: Vorausschauendes Fahren, die Geschwindigkeit an die Sicht, an die eigenen Fähigkeiten, an die äußeren Gegebenheiten anpassen, das ist ein Schlüssel, um Unfälle zu vermeiden. Es gehört auch Witterung dazu, also wenn es regnerisch ist, wenn die Sicht nicht gegeben ist oder wenn die Straße glatt und rutschig wird. Dann sollte man die eigene Geschwindigkeit entsprechend anpassen, um bremsbereit zu bleiben und Unfälle so zu vermeiden.
Moderatorin: Neben der Infrastruktur spielt also auch unser eigenes Verhalten eine wichtige Rolle für die Sicherheit im Verkehr. Jerry Clark berichtet aber auch davon, dass sich die Situation in den letzten Jahren weiter verkompliziert hat. Denn mittlerweile gibt es beispielsweise nicht mehr nur normale Fahrräder auf den Straßen, sondern auch ganz neue Modelle wie etwa E-Bikes oder Lastenräder. Das verändert auch das Miteinander auf den Radwegen, denn plötzlich ist da jemand, der viel breiter oder viel schneller ist als ich. Außerdem wächst die Vielfalt der Verkehrsmittel. So gehören auch in Freiburg seit Jahren E-Roller zum Stadtbild.
Jerry Clark: Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass in der Unfallstatistik da noch keine wirklichen Sorgen entstanden sind. Wir erkennen, dass Unfälle mit E-Scootern zunehmen, und zwar linear gehen die nach oben. Allerdings im Vergleich zur Gesamtunfalllage sind diese Unfälle noch verschwindend gering. Man muss aber solche neuen Mobilitätsformen im Blick behalten. Das tun wir.
Moderatorin: In der Pflicht stehen für Jerry Clark aber alle Verkehrsteilnehmenden. Was beim Auto eine Selbstverständlichkeit ist, sollte auch bei Fahrrädern unbedingt beachtet werden: nämlich die Instandhaltung für verkehrssicheres Fahren.
Jerry Clark: Wir sind es gewohnt, dass wir unser Auto verkehrssicher gestalten, dass wir den TÜV bestehen und genauso wichtig wird es jetzt mit immer mehr Fahrrädern im Verkehrsraum, dass wir da genauso darauf achten. Ein sicheres Fahrrad hilft Unfälle zu vermeiden, gute Bremsen, gute Beleuchtung, Sichtbarkeit, das sind die Mittel, mit denen wir Unfälle vermeiden können, um selbst auch in einer schwierigen Situation richtig bremsen zu können. Wenn wir entsprechend beleuchtet sind, hell gekleidet sind, dann helfen wir anderen dabei, uns rechtzeitig zu erkennen, damit andere Unfälle vermeiden können.
Moderatorin: Fassen wir also die wichtigsten Punkte nochmal zusammen: Entscheidend für mehr Sicherheit im Verkehr ist neben der Infrastruktur und verkehrssicheren Fahrzeugen vor allem unser eigenes Verhalten. Dazu gehört, aufmerksam zu sein und mit Unvorhergesehenem bzw. einem Fehlverhalten der anderen zu rechnen. Um schnell reagieren und Unfälle so vermeiden zu können. Das sagt auch Jerry Clark.
Jerry Clark: Die größte Stellschraube ist aus meiner Sicht tatsächlich das Verhalten der Verkehrsteilnehmer, die baulichen Möglichkeiten sind begrenzt. Aber wenn wir es schaffen, eine Kultur des Miteinanders zu entwickeln, wenn wir uns an auch neue Mobilitätsformen gewöhnen, dann bin ich überzeugt davon, können wir auch die Unfallzahlen runterbringen und dann können wir auch die Zahl der Verunglückten positiv entwickeln. Ich hätte die Bitte an alle Verkehrsteilnehmer in Freiburg sich als Partner zu sehen und nicht als Gegner. Sowohl Fahrrad, Fußgänger als auch Autofahrer haben alle ihre Berechtigung im Straßenverkehr. Nicht immer sind die Gegebenheiten perfekt. Nicht immer reagiert jeder perfekt und so bitte ich darum zu akzeptieren, dass Fehler gemacht werden, und wir alle gemeinsam miteinander sicher diesen Verkehrsraum gestalten und uns aufeinander einstellen.
Outro / Moderatorin: Ich hoffe, Sie haben etwas Neues gelernt, was Sie über klimafreundliche Mobilität in Freiburg noch nicht wussten. Mobilität hat viele Facetten. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, hören Sie doch auch in die anderen Folgen des Podcasts rein. Auch im Netz finden Sie viele weitere Informationen, und zwar unter www.freiburg.de/jetztodernow.  Denn Freiburg steigt um: Für dich. Für die Stadt. Fürs Klima. Also steigen Sie doch mit uns um – wann immer und so oft es Ihnen möglich ist. Und erkunden Sie so Ihre Stadt vielleicht noch mal aus einer anderen Perspektive. Ich wünsche viel Spaß dabei und sage Tschüss, auf Wiederhören!

Weitere Folgen

Folge 1: Das Freiburger Radnetz
Folge 2: Barrierefrei mobil sein.
Folge 3: Das Fahrradverleihsystem Frelo
Folge 4: Der SC Freiburg: Engagiert für klimafreundliche Mobilität.
Folge 5: Der Klimamobilitätsplan Freiburg
Folge 6: Sicher im Straßenverkehr
Folge 7: Zu Fuß unterwegs
Folge 8: Das Stadtbahnnetz wird ausgebaut