39. Sitzung | 4. Februar 2021, 14 Uhr
TOP 1: Umnutzung und Aufstockung des bestehenden OBI-Marktes
Basler Landstraße 16 | St. Georgen
Bauherr: Projektgesellschaft XXI mbH, Freiburg
Planverfasser: WWA Architekten Wöhr Heugenhauser Johansen PartmbB, München
Protokoll
Aus Sicht des Gestaltungsbeirats handelt es sich bei dem Projekt um einen zukunftsfähigen Stadtbaustein mit sehr großem Potenzial, aber auch komplexen Anforderungen für die Weiterentwicklung der Planung. Das Gremium begrüßt die Entscheidung, große Anteile des Bestandes und somit die Graue Energie im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen, aufzustocken und hochwertig zu gestalten.
Es ist entscheidend einen konsistenten Zusammenhang zwischen der Nutzung Wohnen, den neuen und möglichst vielfältigen Nutzungen im Erdgeschoss zu entwickeln. Dabei nehmen die Themen Adressbildung, attraktive Erschließung und Orientierung einen hohen Stellenwert ein.
Im vorliegenden Planungsstand stellt sich der einzige Zugang und Eingang für ca. 250 Bewohner*innen mit knapper Freitreppe und engem Treppenhaus mit Förderanlagen als nicht angemessen dar. Darüber hinaus gelangen alle Bewohner*innen über dieses einzige Treppenhaus in eine Hauseinheit, von der die Gesamtverteilung stattfindet. Dieser Ansatz entspricht nicht den Anforderungen an dieses anspruchsvolle Projekt.
Es werden daher hinsichtlich der Erschließung folgende Empfehlungen ausgesprochen:
- Die Entwicklung eines großzügigen Kommunikations- und Eingangsbereiches als zentrales, attraktives Entrée zur Baseler Straße in Kopplung mit den notwendigen Funktionen für Serviceräume der Bewohner*innen wie z.B. Briefkästen, Paket-annahme/Concierge, Abstellbereiche für u.a. Kinderwagen.
- Die Überarbeitung der Dimensionierung und entsprechende Einbindung der Freitreppe in den Bereich des zentralen Entrées.
- Schaffung weiterer Adressen, indem alle Treppenhäuser in das Erdgeschoss durchgebunden werden. Dies fördert nicht nur die Erschließungsflexibilität der Bewohner*innen, sondern dient auch der Belebung der Erdgeschossbereiche. Dies sollte sich auch in gestalterisch anspruchsvollen Fassaden spiegeln, um „Rückseiten“ im Erdgeschoss zu vermeiden.
- Prüfen, ob eine zweite externe Treppe im Sinne der Verbindung zwischen Wohnen und öffentlichem Raum integriert werden kann
Im Kontext der Adressbildungen und Eingänge sollte der gebäudenahe Bereich und Freiraum auch im Sinne der Vermeidung von öffentlichen Angsträumen hochwertig gestaltet werden.
Die Qualität der Wohnungen ist u.a. hinsichtlich angemessener Tiefe, natürlicher Belichtung u.a. von Küchen, Zuschnitt von Zimmern, Mittelgangerschließungen zu überarbeiten. Reine Nordwohnungen bilden ebenfalls keine adäquate Lösung.
Auf der Ebene des grünen Innenhofes - eventuell durchgebunden bis ins Erdgeschoss - sollten Gemeinschaftsräume vorgesehen werden, um eine soziale Vernetzung und Interaktion der Bewohner*innen zu fördern.
Für das Erdgeschoss werden weitere Gemeinschaftsflächen, wohnungsspezifische Infrastruktur, Co-Working-Spaces für die Bewohner*innen, die auch einen hohen Anteil an Studierenden aufweisen wird, angeregt. Ein kleines Bistro oder Café an zentraler Stelle kann das Nutzungskonzept erweitern.
Bezüglich der architektonischen Gestaltung fehlen derzeit für weitere Empfehlungen entsprechende Ansichten mit Darstellung der Ausformung und Materialität.
Freiraum
Der Innenhof sollte wegen seiner zentralen Bedeutung für die Gemeinschaft eine sehr hohe Gestalt- und Funktionsqualität aufweisen, eine Nutzungsentlastung ist hier eine Grundvoraussetzung (siehe auch Erschließungsverteilung).
In der vorgelegten Planung treffen derzeit im Innenhof sowohl alle Erschließungen als auch die gemeinschaftlichen und privaten Freiflächen zusammen. Dies überfordert die Kapazität des grünen Hofes, da die Abgrenzung von Öffentlichkeit und Privatheit durch eine geeignete Zonierung nicht gewährleistet werden kann. Im Sinne einer subtilen Abgrenzung der unterschiedlichen Bereiche und der mikroklimatischen Relevanz ist eine Fassadenbegrünung zielführend.
Darüber hinaus ist die Beauftragung eines Landschaftsarchitekten erforderlich. Ein qualifizierter Freiflächengestaltungsplan muss parallel zur weiteren Planung des Hochbaus/des Gebäudekomplexes entwickelt werden, damit die für dieses Objekt wichtigen Freiräume, qualitätsvoll ausgebildet werden. Dies betrifft insbesondere die Freiflächen in der Ebene des zentralen Innenhofs und die das Gebäude umschließenden Freiraume. Für eine spätere intensive Begrünung des Innenhofs (z.B. mit Baumsolitären) müssen bereits jetzt die Lasten in der Tragwerksplanung berücksichtigt werden.
Der Gestaltungsbeirat dankt dem Bauherrn und dem Architektenkollegen für die sehr gute Projektvorstellung und die offene Diskussion. Um eine Wiedervorlage des Projektes nach erfolgter Überarbeitung wird gebeten.