Sitzungen des Gestaltungsbeirats

TOP 2: Erweiterung des Bildungszentrums der Oberfinanzdirektion

Habsburgerstraße 130 | Neuburg

Planverfasser_in: Melder Binkert Prettner Kerner Architekten & Stadtplaner, Freiburg

Art der Beratung: Erstberatung, Beratung in öffentlicher Sitzung in Präsenz

Protokoll

Das Projekt ist Ergebnis eines Qualifizierungsverfahrens, das 2017 zugunsten dieses Projektes entschieden wurde. Ein erster Baustein des Konzeptes ist bereits realisiert. Insofern ist das grundsätzliche Konzept nicht Gegenstand der Beratungen im Gestaltungsbeirat. Nichtsdestotrotz begrüßt der Gestaltungsbeirat zunächst ausdrücklich den konzeptionellen Grundgedanken des Entwurfs, für das neue Bildungszentrum der Oberfinanzdirektion ein campusartiges Ensemble um einen zentralen begrünten Innenhof zu schaffen, der von sorgfältig proportionierten und positionierten Baukörpern flankiert ist, die das ehemalige französische Schulgebäude aus Nachkriegszeiten zukünftig ergänzen werden.

Die nunmehr erfolgte vorgestellte Weiterentwicklung des Entwurfs der noch zu errichtenden Bauteile wurde im Beirat ausführlich diskutiert und es werden folgende Empfehlungen für die weitere Bearbeitung ausgesprochen:

Die beiden Gebäudeteile, die an der Albertstraße liegen, sind nicht vom Straßenraum zurückversetzt, wie dies auf der gegenüberliegenden Seite an der Rheinstraße erfolgte, sondern in Bezug auf die direkte Nachbarschaft an der Albertstraße an der Gehwegkante platziert. Damit fügen sie sich gut in die Nachbarschaft ein. Die Idee der an die Gehwegkante gesetzten Stadthäuser bedingt jedoch, dass im Bereich der Zwischenräume ein starker Bezug zwischen Innenhof und Straßenraum entwickelt wird, sich das Grün aus dem Hof auch im Straßenraum zeigt und damit eine Verbindung betont. Wenn dieses Prinzip sich als durchgängiges Konzept niederschlagen soll, so ist auch bei den noch zu errichtenden Gebäuden und dessen Freibereichen eine räumliche Verbindung herzustellen. Demensprechend wird die Lage der Tiefgarageneinfahrt an der vorgeschlagenen Stelle kontraproduktiv gesehen. Aus Sicht des Beirats sollte  versucht werden zur Erhöhung der Frei- und Straßenraumqualität, die Einfahrt innerhalb einer der Gebäude unterzubringen, um den Zugang großzügig und möglichst begrünt herzustellen. Dabei sind auch die Säulen gestalterisch zu berücksichtigen.

An der Albertstraße wirkt die Fassade im erhöhten Erdgeschossbereich sehr geschlossen und belebt damit den Straßenraum nicht. Da sich an dieser Stelle die Mensa befindet, ist es wünschenswert, dass diese Nutzung auch im Straßenraum deutlich präsent ist. Die Selbstverständlichkeit, dass sich die Mensa ebenfalls großzügig zum Innenhof öffnet, widerspricht dem nicht.

 


Der Zaun, mit dem heute das Gelände eingefriedet ist, entspricht nicht dem innerstädtischen Gedanken. Langfristig sollte eine Lösung gefunden werden, auf den Zaun zu verzichten. Falls der neue Hof abgeschlossen werden soll, könnte dies auch an den Fugen erfolgen.

Weiteren wurde eine dezidierte Auseinandersetzung der vorgelegten Materialwahl vorgestellt. In dieser ist vorgesehen die Neubauten des 2. und 3. Bauabschnitts mit einem weiteren Fassadenmaterial, einer vorgehängten Keramikfassade, zu verkleiden. Das erste neue, bereits realisierte Wohngebäude ist mit einer Klinkerfassade versehen. Diese wurde sehr sorgfältig gestaltet und in Material und Farbe präzise auf das Bestandsgebäude abgestimmt. Beide Gebäude wirken nun als Einheit, auch wenn sie durchaus unterschiedlich gestaltet sind. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt eine weitere neue Fassadenidee auf dem Gelände kritisch zu prüfen und schlägt vor mit bereits verwendetem Klinkermaterial weiterzubauen und dadurch einen einheitlichen Gestaltungsduktus zu schaffen. Dabei ist sicherzustellen, dass die umweltpolitischen Zielsetzungen des Landes dennoch Berücksichtigung finden. Deshalb ist sorgfältig zu prüfen, wie der Anspruch der Ensemble-Wirkung und der der generellen CO2-Einsparung in Einklang zu bringen sind. Dabei kann jedes Gebäude durchaus eine eigene Detaillierungssprache haben und sich in der Gestaltung sowie der Proportionierung der Öffnungen unterscheiden, um den unterschiedlichen Nutzungen Rechnung zu tragen. Der Anbau an das bestehende Schulgebäude sollte aus Sicht des Beirats gestalterisch eher auf den Bestand und weniger auf den Neubau der Mensa eingehen und großzügigere Öffnungen erhalten. Es wird betont, dass sorgfältige Entscheidungen bei der Detaillierung hierbei von hoher Relevanz sind.

Der Gestaltungsbeirat bedankt sich bei der Bauherrschaft Vermögen und Bau Baden-Württemberg und beim Architekturbüro für die Vorlage des anspruchsvollen Bauvorhabens und bittet darum, die Weiterentwicklung im Projekt und den Umgang mit den Empfehlungen sowie Prüfaufträgen abschließend noch einmal im Beirat im Rahmen einer Wiedervorlage sichten und beraten zu können.