Der Dialog zur Vorbereitung der Vermarktung brachte zahlreiche Ergebnisse, die dem Gemeinderat im Februar 2022 übergeben wurden. Die Dialoggruppe hat dafür Antworten auf die Frage „Wer baut in Dietenbach was für wen?“ erarbeitet. Die wichtigsten Ergebnisse waren Empfehlungen und ein Leitbild zur Vermarktung.
Ergebnis 1: Empfehlungen zum Vermarktungskonzept
Das erste zentrale Ergebnis sind Quoten, die die Dialoggruppe entwickelt hat: Welche Bauherren sollen in Dietenbach bauen? Welche Arten von Wohngebäuden sollen entstehen? Und welche Anteile von Miet- oder Eigentumswohnungen werden benötigt?
Drei Kleingruppen haben dafür in zwei Workshops an Baufeldern aus dem städtebaulichen Rahmenplan eigene Vermarktungsmodelle entwickelt. Wie in einem Puzzle wurden dafür Holzklötzchen für verschieden Gebäudetypen platziert - zum Beispiel für kleine Townhouses oder große Mehrfamilienhäuser. Für jedes Gebäude wurden dann die Anteile von Miete oder Eigentum festgelegt, und ob diese gefördert oder freifinanziert sind. Außerdem wurde den Gebäuden ein Bauherr zugeordnet - beispielsweise Genossenschaften oder freie Wohnungsunternehmen.
Die vorgeschlagenen Quoten der drei Kleingruppen
Modell von Gruppe 1
Modell von Gruppe 2
Modell von Gruppe 3
In der Gesamtbetrachtung sind die Schnittmengen der Modelle untereinander entscheidend. Die allen Modellen zu Grunde liegenden Tendenzen lassen sich so zusammenfassen:
Vielfalt an unterschiedlich großen Gebäudetypologien
Mit einer Ausnahme wurden alle fünf zur Auswahl stehenden Gebäudetypen verwendet, so dass die einzelnen Baublöcke durch eine Vielfalt an unterschiedlich großen Gebäudetypologien charakterisiert sind: Das kleine Townhouse, das v.a. für Einzelbauherren interessant ist, wurde dabei am seltensten eingesetzt; auf diesen Typ entfallen lediglich 4 bis 9 Prozent aller Wohnungen. Das große Townhouse mit 4 Wohneinheiten wird häufiger gewünscht und macht bei einer Gruppe sogar fast 30 Prozent aller Wohnungen aus. Auf den kleinen Geschosswohnungsbau entfallen rund 15 Prozent aller Wohnungen. Der höchste Anteil entfällt mit rund 45 Prozent aller zur errichtenden Wohnungen auf den Typ mittlerer Geschosswohnungsbau, der aus Sicht der Dialoggruppe für genossenschaftliche Wohnprojekte, die FSB und freie Wohnungsbauunternehmen in Frage kommt. Der große Geschosswohnungsbau mit rund 30 Wohnungen sollte als Gebäudetyp – wenn überhaupt – nur einmal pro Baublock vertreten sein.
Mischung an Bauherrenkonzepten im Block
Eine Mischung an Bauherrenkonzepten im Block ist den Dialogbürger_innen wichtig. Ein Baublock soll nicht an einen Investor verkauft werden, sondern für eine breite Zielgruppenansprache unter verschiedenen Bauherren aufgeteilt werden. So kamen alle zur Auswahl stehenden Bauherrenkonzepte pro Block zur Anwendung. Im Verhältnis zur Anzahl der Wohneinheiten entfallen die größten Anteile auf Genossenschaften inkl. Mietshäusersyndikat (rund 25 Prozent bis rund 40 Prozent aller errichteten Wohneinheiten), gefolgt von der Freiburger Stadtbau (mit 25 bis 30 Prozent). Baugruppen sollen mit durchschnittlich rund 15 Prozent ähnlich viele Wohneinheiten realisieren wie die freien Wohnungsbauunternehmen. Einzelbauherren spielen mit weniger als 10 Prozent analog zu dem Typ kleines Townhouse eine eher untergeordnete Rolle. Im Ergebnis wird erkennbar, dass die Dialoggruppe insbesondere gemeinwohlorientierte Bauherrenkonzepte bevorzugt.
Wohnungen für alle Marktsegmente
In Dietenbach sollen nach dem Willen der Dialogbürger_innen Wohnungen für alle Marktsegmente entstehen. Insbesondere dem geförderten Mietwohnungsbau kommt bei zwei Gruppen mit einem Anteil von 45 bis 50 Prozent und bei einer Gruppe mit einem Anteil von über 30 Prozent eine hohe Bedeutung zu. Dem freifinanzierten Mietwohnungsbau für Personen, die keinen Anspruch auf einen Wohnungsberechtigungsschein haben, aber dennoch eine Wohnung zur Miete suchen, wird eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Während bei einer Gruppe gerade mal 15 Prozent aller Wohnungen in diesem Segment entstehen sollen, sind es bei einer anderen Gruppe rund 45 Prozent. Das Eigentumssegment spielt bei allen drei Kleingruppen eine relevante Rolle, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung und liegt zwischen 18 und 40 Prozent aller zu errichtenden Wohnungen.
Soziale Mischung
Für eine soziale Mischung sollen nach Ansicht der Kleingruppen alle Marktsegmente im Block nebeneinander bedient werden. Gerade bei den größeren Typologien des mittleren und großen Geschosswohnungsbaus wünschen sich die Dialogbürger_innen aber auch eine Mischung von geförderten und freifinanzierten Wohnungen im Gebäude selbst. Für die Umsetzung des geförderten Mietwohnungsbaus sind aus Sicht der Dialoggruppe FSB, Genossenschaften und freie Wohnungsbauunternehmen gemeinsam verantwortlich.
Kleinteilige Parzellierung
Gemein ist allen Modellen eine eher kleinteilige Parzellierung. Die Baublöcke teilen sich jeweils auf 11 bis 13 Parzellen auf und sollen so unterschiedliche Gebäudeprojekte und eine abwechslungsreiche Architektur ermöglichen. In den Baublöcken wurden jeweils mindestens zwei Öffnungen gelassen, um eine gute Durchlichtung zu gewährleisten.
Ergebnis 2: Leitbild für die Vermarktung
Die Dialoggruppe hat als zweites wichtiges Ergebnis ein übergeordnetes Leitbild für das Vermarktungskonzept entwickelt, das sich an die Bauverwaltung, den Gemeinderat, den Kooperationspartner EMD und nicht zuletzt auch an die künftigen Investoren, Bauherr_ innen und Architekt_innen in Dietenbach richtet. Es lautet „Dietenbach übernimmt Verantwortung – nachhaltig, inklusiv, sozial.“ und fasst die Ziele, die die Gruppe mit den Quoten bei den Baublöcken erreichen möchte, in einprägsame Worte. Die zentralen Inhalte und was der Dialoggruppe dabei wichtig ist:
Das Leitbild soll die handelnden Akteure an die hohe gemeinsame Verantwortung für die Entwicklung eines neuen Stadtteils erinnern, der den heutigen und künftigen Anforderungen gerecht werden muss: Hohe Nachfrage auf der einen Seite und knappes Bauland auf der anderen Seite führen zu einer Anspannung des Wohnungsmarktes. Seit Jahren steigen die Miet- und Bodenpreise in Freiburg. Die Versorgung mit Wohnraum wird für immer mehr Menschen schwierig, eine soziale Entmischung droht. Auch für Wohnformen, die Antworten auf den demografischen Wandel bieten, gibt kaum eine Chance auf bezahlbare Grundstücke. Daneben muss das Bauen angesichts des Klimawandels zukunftsfähige Lösungen finden.
Gefordert werden seitens der Dialoggruppe daher
eine ökologische Bauweise im Sinne des Klimaschutzes (nachhaltig),
die Schaffung von sozialem bzw. bezahlbarem Wohnraum, um auch einkommensschwache Gruppen mit preisgünstigem Wohnraum versorgen zu können (sozial)
sowie die Ermöglichung der Teilhabe aller Menschen am Wohnen und Leben in Dietenbach, um einer Ausgrenzung sozial benachteiligter Gruppen und Segregationstendenzen entgegenzuwirken (inklusiv).
Die Umsetzung des Leitbildes hängt – neben zu treffenden Regelungen z.B. in der Bauleitplanung oder durch Wettbewerbe – auch maßgeblich von der Vermarktungskonzeption und ihren Vergabekriterien und Vorgaben ab.
Dem übergeordneten Leitbild liegen vier Themen mit jeweils eigenen Zielen zu Grunde. Zu jedem Themenfeld hat die Gruppe ebenfalls einen Slogan entwickelt. Die hier aufgelisteten Grundgedanken zu den Slogans sind nicht abschließend, sondern umfassen die am häufigsten benannten Aspekte:
Innovation und Anspruch: "Dietenbach, sozial, ökologisch, gemeinschaftlich gut"
Grundstücke sollen nach Konzeptqualität vergeben werden. Das heißt, nicht der Höchstbietende erhält den Zuschlag, sondern derjenige mit dem besten Konzept. So erhalten auch Baugemeinschaften die Chance, passende Flächen zu erwerben. Gleichzeitig können auch besondere Wohnformen wie Mehrgenerationenwohnen Berücksichtigung finden.
Die Dialoggruppe wünscht sich im Rahmen der Vermarktung eine Konzeptvielfalt. Bauprojekte sollen sich voneinander unterscheiden und dabei über die Wohnnutzungen hinaus auch eine stärkere Gemeinschaftsbildung und Nutzungsmischung ermöglichen, z.B. Arzt-Praxen und Räume für kulturelle Projekte in der Erdgeschosszone.
Bei allen Ansprüchen an lebenswerte und qualitätsvolle Baukonzepte muss es auch günstigen Wohnraum geben. Voraussetzung dafür: Die Anforderungen an das Bauen sollen teilweise auf einen Mindest-Standard in einfacher Bauweise beschränkt sein.
Bauherrenkonzept: „Erschwinglichkeit und Lebensqualität für alle statt maximale Rendite für wenige“
Insgesamt wird zur Umsetzung vielfältiger Wohnphilosophien und Ansprache breiter Zielgruppen eine Vielzahl an Bauherrenkonzepten in Dietenbach gewünscht:
Aus Sicht der Dialoggruppe darf Wohnraum kein Spekulationsobjekt sein.
Bauherrenkonzepte/Wohnungsunternehmen werden bevorzugt, die ihre Wohnungen langfristig im Bestand halten und soziale Anliegen der Mieter_ innen berücksichtigen.
Neben der Freiburger Stadtbau, Einzelbauherren für Eigennutzung und Baugruppen sollen auch kooperative Projekte wie Mietshäusersyndikat und Genossenschaften in Dietenbach Wohnungen bauen, die mit einer Sozialbindung ausgestattet und unverkäuflich sind. Auch freie Wohnungsunternehmen sollen seitens der Dialoggruppe in Dietenbach zum Zuge kommen, sofern sie die Wohnungen nicht als rein spekulatives Anlageobjekt sehen, sondern auch soziale Verpflichtungen wahrnehmen und für eine längerfristige Bestandssicherung stehen.
Marktsegment: „Von vielen gewählt – für alle gebaut“
Dietenbach darf kein einseitig strukturiertes Quartier werden, sondern soll die Freiburger Stadtgesellschaft abbilden. Bei der Grundstücksvergabe müssen alle Menschen und Bedarfsgruppen in den Blick genommen werden – u.a. junge Menschen, Ältere, Familien, Alleinerziehende, Einkommensschwache. Dafür müssen verschiedene Marktsegmente bedient werden, um eine soziale Vielfalt zu gewährleisten.
Vor allem braucht es bezahlbare Mietwohnungen, die auch für einkommensschwächere Personengruppen bezahlbar sind.
Um Segregation und gute bzw. benachteiligte Lagen zu vermeiden, sollen geförderte Mietwohnungen und Eigentum im Block und im Gebäude gemischt werden.
Gebäudetypen: „Architektonische Vielfalt für lebendiges Wohnen“
Für die Vermarktung wird innerhalb des Blocks eine differenzierte Grundstücksbildung aus großen und kleinen Parzellen im Block erwartet, die eine Vielfalt an unterschiedlichen Bauprojekten unterstützt.
Die Parzellierung sollte im Gesamtbild aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht zu kleinteilig, anderseits auch nicht zu großteilig sein, um Monotonie vorzubeugen.
In Abwägung einer flächeneffizienten, ökonomischen Bauweise einerseits und Wohnqualität andererseits, sollten Blöcke nicht komplett geschlossen vermarktet und bebaut werden. Blocköffnungen für mehr Licht und Luft und eine bessere Durchlässigkeit werden gewünscht.
Der Abschlussbericht
Alle Einzelheiten zum Beteiligungsprozess und den Ergebnissen finden sich im Abschlussbericht (8,995 MB), der dem Gemeinderat übergeben wurde.