Pressemitteilung vom 4. Dezember 2023

Helmut-Kraft-Stiftung zeichnet Künstlerin Havîn Al-Sîndy aus und erwirbt Werk für Museum für Neue Kunst

Der Preis der Helmut-Kraft-Stiftung zur Förderung der bildenden Kunst geht 2023 an Havîn Al-Sîndy. Verbunden mit der Preisverleihung ist der Ankauf eines Werks. Für 50.000 Euro hat die Stiftung Al-Sîndys Arbeit „Personae“ von 2019/20 angekauft und übergibt diese nun als Schenkung dem Museum für Neue Kunst.

Die Helmut-Kraft-Stiftung fördert Künstlerinnen und Künstler, deren Werk sich durch hohe künstlerische Eigenständigkeit und Qualität hervorhebt. Preis und Ankauf unterstützen die Ausgezeichneten darin, ihre Arbeiten weiterzuentwickeln und in der Öffentlichkeit bekannter zu werden. „Für die diesjährige Preisträgerin, Havîn Al-Sîndy, haben wir uns entschieden, weil ihr Werk ‚Personae‘ ein großes Thema unserer Zeit aufgreift: die sprachlose Kommunikation. Wir möchten ein Zeichen für Verstehen und Verständnis setzen“, so Brigitte Aumayer, Stiftungsratsvorsitzende der Helmut-Kraft-Stiftung.
 

Die Preisträgerin Havîn Al-Sîndy steht am Beginn ihrer Karriere. Ihr Werk „Personae“ besteht aus zwei Videoarbeiten, 26 Zeichnungen und zwei Tonmasken. Wie können wir über Sprachbarrieren hinweg miteinander in Verbindung kommen? Welche Kommunikationsformen gibt es angesichts von Sprachlosigkeit? Diesen Fragen widmet sich ihre Installation.

Ausgangspunkt für Al-Sîndy, im kurdischen Autonomiegebiet im Irak geboren und aufgewachsen, ist die Erfahrung der Mehrsprachigkeit und des Verbots von Sprachen. So wird Al-Sîndys Muttersprache Kurdisch seit dem 20. Jahrhundert in einigen Staaten unterdrückt, um den kurdischen Bevölkerungsteil zu zwingen, die jeweilige Nationalsprache zu übernehmen.

Die Videoarbeiten zeigen, wie der Künstlerin und ihrem Performancepartner durch gegenseitiges Auftragen einer Tonmaske die Möglichkeit des Sprechens genommen wird. Im Anschluss an die Filmaufnahmen entstehen mit den Masken 26 Zeichnungen, die das Gefühl der Sprachlosigkeit thematisieren. Welche Kommunikationsformen sind trotzdem möglich? Kann man einander dennoch verstehen und Verständnis füreinander entwickeln?

Havîn Al-Sîndy studierte zunächst Kunst, Biologie und Chemie an der Universität Duisburg-Essen und schloss 2019 als Meisterschülerin das Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ab. Anschließend war sie Gasthörerin in der Klasse von Professor Gregor Schneider an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie vertritt derzeit die Professur für Kollaborative Praxis an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

In ihrer Arbeit beschäftigt Al-Sîndy sich aus unterschiedlichen künstlerischen und wissenschaftlichen Blickwinkeln mit Fragen der Erinnerung und ihrer Rekonstruktion, mit Verortung und Entwurzelung. In ihren Installationen vereint sie mehrere künstlerische Disziplinen – sie nutzt Peformance, Video, Virtual Reality aber auch traditionelle Materialien wie Lehm und Ton. Außerdem bezieht sie unterschiedliche Akteure in den Schaffensprozess ein.

Veröffentlicht am 04. Dezember 2023