Sitzungen des Gestaltungsbeirats

TOP 2: Neubau eines Wohngebäudes mit Kindertagesstätte

Eugen-Martin-Straße 21a | Brühl

Bauherr: BHG Nestbau Freiburg GbR, Tübingen

Planverfasser: pro.b. Planungsgesellschaft mbH & Co. KG, Tübingen

Protokoll

Die Erläuterung und Präsentation des Projektes zeigen den hohen qualitativen Anspruch der Bauherrschaft. Die geplante Nutzung einer Kindertagesstätte, der hohe Anteil an geförderten Wohnungen und die geplante Realisierung des Projektes in Baugruppen werden vom Gestaltungsbeirat ebenso begrüßt, wie auch das städtebauliche Konzept, das von einem kleinteiligen Gebäudevolumen ausgeht. Durch die Parzellierung des gesamten Grundstücks stellen die beteiligten Architekten damit gezielt Bezüge zu der für Freiburg typischen Bebauung aus der Gründerzeit her. Vor diesem gedanklichen Konstrukt entwickeln die vier Gebäude eine gute Grundrissorganisation. Sie verfügen über deutlich ablesbare Adressen, attraktive Erschließungen sowie qualitätsvolle Wohnungen und ein gutes Außenraumkonzept.

Nicht nachvollziehbar ist derzeit die Gestaltung der Fassaden. Der Wunsch nach einer sehr individuellen Fassadengestaltung bei jedem einzelnen Gebäude wird für überzogen gehalten.

Hierzu trägt beispielsweise die Entscheidung bei, den Erdgeschossbereich sehr unterschiedlich zu behandeln, mal mit, mal ohne Sockel. Es sollte nur eine durchgehende Variante Anwendung finden. Die vorgesehenen unterschiedlich hohen Erker zeigen eine einseitige Orientierung, die üblicherweise im Siedlungsbau als im städtischen Kontext vorzufinden ist. Die Erker vom Haus 2 sollten orthogonal zur Grundstücksgrenze ausgerichtet werden. Die sehr dunkle Fassadenfarbe des 3. Gebäudes lässt eine „Lücke“ entstehen, die das Bild eines durch das Gebäude räumlich definierten Straßenraumes schwächt. Eine abgestimmte Farbgestaltung aller 4 Gebäude ist zu empfehlen. Entlang der Eugen-Martin-Straße sollte, wie bei anderen beratenden Bauvorhaben bereits empfohlen und realisiert, auf eine Ausbildung von Balkonen verzichtet werden. Alternativ könnten die Freisitze als Loggien ausgebildet werden.


Aus Sicht des Beirats wäre im städtischen Kontext des ehemaligen Güterbahnhofgeländes ein deutlich erkennbares Ensemble anzustreben, dass die individuelle Wirkung der einzelnen Häuser auf subtilere Weise fördert und das gemeinschaftliche Wirken herausstellt. Als positives Beispiel wird in diesem Zusammenhang auf die drei Gründerzeithäuser an der Neunlindenstraße verwiesen.
Der Beirat regt an, die Ensemblewirkung der Bauten durch gestalterische Prinzipien zu stärken, die für alle vier Gebäude gelten. Sockelausbildung, Proportion der Fensterformate, Oberflächenbehandlung, abgestimmte Farbgestaltung etc. sollten die gestalterischen Grundlagen für ein übergeordnetes Regelwerk bilden. Der Beirat empfiehlt ferner, die Gebäudehöhen der einzelnen Häuser leicht zu differenzieren, um deren Ablesbarkeit zu stärken.


Die räumliche Vernetzung des Kindergartens mit Wohnen in den Gebäuden 1 und 2 führt zu einer interessanten Gebäudetypologie, die in der straßenseitigen Fassadenbehandlung thematisiert werden könnte.

Dem Projekt liegt ein qualifizierter Freiflächengestaltungsplan bei. Dieser differenziert die unterschiedlichen Freiräume je nach Nutzung und Lage im Bereich der wohnungsnahen Flächen, als auch der Erschließungsflächen und dem notwendigen Außenraum für die Kindertagesstätte. Positiv wird festgestellt, dass der Müll über Unterflurcontainer entsorgt wird und damit wertvoller Freiraum erhalten bleibt. Die Vielzahl an Fahrradabstellplätzen im Zugangsbereich entlang der östlichen Grundstücksgrenze wirkt störend. Wünschenswert wäre ein stärkeres Unterbringen der Fahrräder in der Tiefgarage.

Der Beirat dankt dem Bauherren und den Architekten für die Vorstellung des spannenden Projektes und bittet die Entwurfsverfasser eindringlich trotz fortgeschrittenem Planstand über die Gestaltung der Fassaden nachzudenken. Ziel sollte es sein, das gute nachbarschaftliche Verhältnis der Baugruppen im Planungsprozess, durch ein erkennbar gutes Verhältnis der Gebäude untereinander herauszustellen. Bei der Erreichung dieses Zieles bietet der Beirat gerne weiterhin seine Unterstützung an.