Sitzungen des Gestaltungsbeirats

TOP 2: Neubau eines Bürogebäudes

Heinrich-von-Stephan-Straße 9 | Unterwiehre

Bauherr:               STRABAG Real Estate GmbH

Planverfasser:      Böwer-Eith-Murken-Vogelsang Architekten, Freiburg

Protokoll

Das ehemalige Postareal ist dem Gestaltungsbeirat bekannt. Die Bauabschnitt 1 bis 3 sowie 5a und 5b wurden bereits beraten und konnten bei der Ortsbesichtigung teils fertig gestellt, teils im Rohbau befindlich angesehen werden.

Bei der vorgestellten Planung zu Baufeld 4 verweist der Gestaltungsbeirat auf die Gestaltung des Foyers in Baufeld 3, die zum einen sehr großzügig und zum anderen eine offene räumliche Verbindung zum Innenhof vorsieht. Die gleiche positive räumliche Wirkung zwischen Innenraum und öffentlichem Raum erzielt in Baufeld 3 die offene Raumfolge zwischen Innenhof, Eingang, Kantine zur angrenzenden Planstraße.
Diese Qualität ist in der Planung des Erdgeschosses in Baufeld 4 noch nicht erkennbar und ist im Sinne der engen „Verwandtschaft“ der Gebäude und gleichwertigen Qualität entsprechend anzupassen. Der Zugang zur Heinrich-von-Stephan-Straße wirkt eng und als Adresse des Hauses nicht angemessen. Gleiches gilt für das innere Raumgefüge zur Planstraße, das mit Nebenräumen (Müllraum und Fahrradraum) und geschlossenen Fassaden weder räumliche Bezüge zwischen Innenhof und Planstraße herstellt, noch einen Beitrag zur Belebung des öffentlichen Raumes darstellt. Es wird daher dringend empfohlen die Fahrradstellplätze wie in Baufeld 3 in das Tiefgeschoss zu integrieren, um gleichwertige Qualitäten für den öffentlichen Raum in den Erdgeschosszonen zu gewährleisten. Gleiches gilt für die Lage des Müllraumes, dessen Position in Frage gestellt wird. Es soll ferner sichergestellt werden, dass der zweigeschossige Showroom und die Fassaden zum Platzraum nicht durch die im Zwischengeschoss angeordneten Technikzentralen verstellt werden.
Die Auswahl von profilierten Keramikplatten an den Fassadenbrüstungen wird begrüßt, da dies eine hochwertige und langlebige Lösung verspricht. Die langen geschlossenen Fassadenflächen im Erdgeschoss zur Planstraße überzeugen den Gestaltungsbeirat hingegen nicht, da hierdurch die Entwicklung des öffentlichen Raumes auch im direkten Gegenüber mit dem Kindergarten gestört wird. Eine geschickte Komposition von geschlossenen Fassadenbändern im Sockel ist vorstellbar, muss aber sensibel und konzeptionell intelligent entwickelt werden. In die gestalterische Weiterentwicklung sollen auch die Eingänge zum Gebäude kreativ als klar ablesbare Adressen einbezogen werden. Der Gestaltungsbeirat warnt vor „Rückseiten“ im Erdgeschoss. Wie bereits in der Planung im Baufeld 3 realisiert sollten die opaken Bereiche im Erdgeschoss im Sinne der horizontalen Grundgliederung des Hauses mittels Glasbandes von der darüber liegenden Brüstung klar getrennt werden. Die grafische Darstellung der Fassaden (dunkle Brüstungen, helle Glasflächen) täuscht darüber hinweg, dass Glas am Tage eher dunkel wirkt und nicht hell. Somit wird die dargestellte und gewünschte Wirkung eines Kontrastes zwischen hell und dunkel nicht eintreten. Das hellbraune Eloxal der Fensterrahmungen kann überzeugen. Die sehr dunkle farbliche Ausprägung der Keramikflächen jedoch nicht. Der Gestaltungsbeirat empfiehlt daher eine hellere und im Farbton wärmere Farbgebung der Brüstungsbänder. Zu prüfen wäre, ob die Zwillingswirkung der beiden identischen Baukörper im Sinne einer „genetischen“ Einzelidentität nicht gerade einen interessanten Spielraum in der farblichen Nuancierung zwischen den Fassaden der Geschwister ermöglicht. Dies könnte eine überraschende wie identitätsstärkende Wirkung erzielen und die Gebäude aus ihrer beliebigen Austauschbarkeit befreien.


Die Gestaltung des Freiraums als 3-Klang (Baumhain, Wasser und Retention, Felsformation und vertikales Grün) der einzelnen Höfe wird teilweise aus dem Wettbewerbsplan weitergeführt. Zu beachten ist jedoch, dass jeweils eine hochwertige Erschließung von Seiten der Heinrich-von-Stephan-Straße notwendig ist, als auch von der Planstraße aus, um Rückseiten am Gebäude zu vermeiden (siehe auch Beschreibung oben). Die neu entwickelte Felsformation findet keinen Zuspruch, da sie mit bis zu 8,0 m Höhe überdimensioniert wirkt und auch das Material, hier Tuffstein, die Beziehung zum Ort und der Region vermissen lässt. Sie erinnert eher an ein skulpturales Denkmal. Hier verlässt die Freiraumplanung die ursprüngliche Wettbewerbsidee und ist nicht nachvollziehbar. Die vertikale Begrünung im halböffentlichen Innenhof wird sehr positiv gesehen. Eine hochtechnisierte Ausführung ist hier notwendig, um das Begrünungsziel sicher zu stellen. Eine größere Vielfalt an Pflanzen sollte eingesetzt werden, damit beim eventuellen Versagen einer Pflanzenart, nicht die ganze Konstruktion scheitert, bzw. infrage gestellt wird. Darüber hinaus sollte bei der Überarbeitung des Freiraums ein Schwerpunkt auf die Aufenthaltsqualität gelegt werden, um die enorm wichtige Belebung der Höfe sicher zu stellen.
Der Beirat bedankt sich für das konstruktive Gespräch und bittet um weitere Vertiefung des Projektes gemäß den Empfehlungen und um eine Wiedervorlage.