Sitzungen des Gestaltungsbeirats

TOP 1: Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses

1. Weiterentwicklung aus Sitzung vom 23.5.2019

Reinhold-Schneider-Straße 2 | Littenweiler

Bauherr:        Brenzinger Grundstücksverwaltung KG, Freiburg

Planverf.:      Brenzinger-Bartelt Architekten, Freiburg

Protokoll

An der Ecke Kappler-Straße und Reinhold-Schneider-Straße soll in Freiburg-Littenweiler ein Neubau errichtet werden, der sich südlich an das bestehende und zum Grundstück gehörende 9-geschossige Wohnhochhaus anschließt. Zurzeit ist die Ecklage mit einem eingeschossigen Lebensmittelmarkt besetzt, der baulich und technisch marode geworden ist. Ursprünglich war als eine von zwei Varianten vorgesehen, ein Mehrfamilienhaus mit integriertem Lebensmittelmarkt zu bauen. Dafür hatte sich der Gestaltungsbeirat in einer seiner früheren Sitzungen am 23. Mai 2019 generell ausgesprochen. Die Stadt Freiburg präferierte aufgrund der Versorgungssituation in Littenweiler ebenfalls die Variante mit integriertem Lebensmittelmarkt, was auch den Anforderungen des Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt Freiburg entspricht. Corona-bedingt schwächelt derzeit die Einzelhandelsbranche, was sich in einer geringen Bereitschaft zu Betreiberzusagen ausdrückt. Dadurch besteht in der heutigen Zeit ein Investitionsrisiko für den Bau eines Lebensmittelmarktes. Nachdem die Eigentümer und Investoren erfolglos auf der Suche nach Betreibern waren, haben sie ein verändertes Nutzungskonzept für das Bauvorhaben entwickelt und dies erneut dem Beirat zur Beratung vorgelegt.

Das Bauvorhaben sieht nun eine L-förmige Bebauung vor, die die Ecklage städtebaulich betont und die beiden Straßenräume baulich fasst, entlang der Kappler-Straße mit einem viergeschossigen und entlang der Reinhold-Schneider-Straße mit einem dreigeschossigen Baukörper. In den Obergeschossen sind durchgehend 2-4-Zimmer-Wohnungen vorgesehen und in dem zur Kappler-Straße orientierten Erdgeschoss sollen zudem eine Bäckerei mit Café, Praxisräume und eine Kita untergebracht werden.
Der Gestaltungsbeirat kann die Entscheidung des Bauherrn, unter den heutigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Bau des Lebensmittelmarkts zu verzichten, gut nachvollziehen. Für die weitere Qualifizierung des Bauvorhabens, das aufgrund seiner Ecklage eine besondere städtebauliche und gestalterische Bedeutung hat, spricht der Beirat folgende weiteren Empfehlungen und Prüfaufträge aus.
• Insbesondere die Höhenlage des Gebäudes sieht der Beirat als schwierig an. Denn entlang der Kappler-Straße liegt das Niveau des Gebäudes zwischen 0,30 m an der Ecke zur Reinhold-Schneider-Straße und 1,00 m an seinem Südost-Ende tiefer als der Bürgersteig. Dies hat einen erschwerten Zugang zu den öffentlichkeitswirksamen Nutzungen, eine durch Treppen und Rampen technisch geprägte Vorzone und ein „absackendes“ Gebäude dort zur Folge, wo es sich repräsentativ zeigen soll. Es muss geprüft werden, ob das Niveau des Gebäudes um rund 0,50 m angehoben werden kann. Damit „wächst“ das Gebäude an der Reinhold-Schneider-Straße zwar mehr aus dem Gelände, hier sind aber ohnehin im Erdgeschoss Wohnnutzungen mit zugehörigen kleinen Gärten vorgesehen, für die dieses Mehr an Sicht- und Diskretionsschutz hilfreich ist. Mit dem Anheben des Niveaus lässt sich auch die Vorzone an der Kappler-Straße selbstverständlicher gestalten. Mit der Veränderung der Höhenlage des Gebäudes verändert sich auch die bisherige Freiraumkonzeption. Der Beirat empfiehlt daher dringend eine qualifizierte Freiraumkonzeption, die sich mit der „neuen Topografie“ gestalterisch und funktional auseinandersetzt.


• In diesem Zuge sollte ebenfalls geprüft werden, ob sich die Tiefgarage in das Gebäude integrieren lässt. Durch ein angehobenes Gebäudeniveau kann die Zufahrtsrampe auf kürzerer Distanz unter dem Gebäude „verschwinden“ und die Rampenlänge verkürzt sich auch insgesamt. Dies eröffnet evtl. Spielräume für eine leicht veränderte Tiefgaragenorganisation. Gegebenenfalls kann das Gebäude auch noch etwas näher an das Hochhaus heranrücken, was aber abstandsrechtlich zu prüfen ist.
• Der Beirat empfiehlt dringend, das Treppenhaus an der Kappler-Straße anders zu organisieren, um einen einladenden Zugang zu den Wohnungen zu erreichen. Hierfür ist mehr Großzügigkeit erforderlich. In diesem Zusammenhang sollte auch der Zugang zu den Praxisräumen direkt von der Kappler-Straße aus angelegt werden. Dies hat für den Straßenraum belebenden Charakter und sorgt für eine bessere Adressierung der Praxen. Das Treppenhaus sollte so neu platziert werden, dass sich auch der Zugang zum Laubengang verbessert und ebenfalls mehr Großzügigkeit besitzt. Denkbar ist z.B. eine Verschiebung der Erschließung an die Reinhold-Schneider-Straße, zwischen den Bäcker und den Wohnungen im Erdgeschoss. So könnte mehr Flexibilität in den Grundrisse und Größen für die sich zur Kappler-Straße orientierende Gewerbespange entstehen.
• Überdies wird empfohlen, den zentralen Hauseingang markanter in der Fassade abzubilden und die Erdgeschosszone gestalterisch deutlicher gegenüber den Obergeschossen zu differenzieren. Der Beirat wünscht für die Fassadengestaltung, auch für die Begrünung der Laubengänge präzise Angaben zum Material und zur Ausführung.
• Die Eckwohnungen haben anders als die Wohnungen in Mittellage einen recht verwinkelten Grundriss. Die besondere Qualität der Wohnungen in der Mittellage besteht darin, dass man mit Betreten der Wohnungen schon nach draußen auf der gegenüberliegenden Seite schauen kann. Damit gewinnen die Wohnungen Großzügigkeit und Helligkeit. Mit wenigen Handgriffen lässt sich diese Qualität auch bei den Eckwohnungen erreichen, wenn beispielsweise die Gästetoilette an das Bad gerückt wird.
• Nach den Anforderungen des Garten- und Tiefbauamts und des Baurechtsamts der Stadt Freiburg sind der Kita Stellplätze zuzuordnen. Auch die Bäckerei und die Praxen benötigen Stellplätze. Der Beirat regt an prüfen zu lassen, ob diese Stellplätze in dem Stellplatzstreifen entlang der Reinhold-Schneider-Straße nachgewiesen werden können.