13. September 2022

OB vor Ort in der Innenstadt

Menschen in der Innenstadt am Abend
Viele Menschen, viel Lärm: Alle wollen eine belebte Innenstadt – und trotzdem so viel Ruhe, dass Anwohnende nachts schlafen können. Das hinzubekommen, ist schwierig. (Foto: Seeger/ Stadt Freiburg)

Noch nie fand ein Bürgergespräch der Reihe „OB vor Ort“ in so attraktivem Ambiente statt. Doch das Gespräch in der Skulpturenhalle des Augustinermuseums drehte sich dann sehr wenig um die schönen Künste, sondern um Probleme, die angesichts der vielen unterschiedlichen Nutzungen in der Innenstadt kaum vermeidbar sind, allen voran Schmutz und Lärm.

Zum Auftakt des Gesprächs gab es erst mal einen Abschied: Hausherr und Museumsdirektor Tilmann von Stockhausen öffnete „sein“ Museum an einem seiner letzten Arbeitstage – mittlerweile ist er in seine Heimatstadt Lübeck gewechselt. In seiner kurzen Begrüßung skizzierte er, welche Funktion das Museum nach seiner Fertigstellung haben wird: „Hier geht es nicht nur um Kunstgenuss. Das Museum ist auch ein sozialer Ort.“ In wenigen Wochen, so seine Ankündigung, werde das Gerüst abgebaut. Sichtbar ist heute schon der neue Fassadenanstrich – schon bald wird das historische Gelb wieder über den Augustinerplatz strahlen.

Augustinerplatz beruhigt

Der war – erwartbar – auch Thema beim Bürgergespräch, zu dem am Dienstagabend nach Ferienende etwa 60 Interessierte, in der Mehrheit Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gewerbetreibende, gekommen waren. Tatsächlich hat sich die Lärmsituation am Augustinerplatz offenbar etwas entspannt. Zu verdanken ist das dem Platz der Alten Synagoge, der im Beliebtheitsranking für Nachtschwärmer die neue Nummer eins ist. Seinen Anteil an dieser Verlagerung hat aber auch der städtische Vollzugsdienst, wie dessen Leiter Ramon Oswald berichtete. „Wir helfen an allen Ecken und Enden“, sagte er und erhielt dafür Applaus aus dem Publikum. Den Vorschlag einer Anwohnerin, die Säule der Toleranz abzubauen, wies er aber zurück. Weil ihr Licht jetzt immer um Mitternacht ausgeschaltet wird, trage sie zur Lärmberuhigung bei, so Oswald.

Insgesamt machte der Abend zweierlei deutlich: Die Probleme der Innenstadtanwohnenden sind ebenso nachvollziehbar wie Lösungen schwierig sind. Gegen Auswüchse hat sich der Vollzugsdienst als wirksames Mittel etabliert; die vom Gemeinderat beschlossene Stellenreduzierung bezeichnete Oberbürgermeister Martin Horn als „Fehler“. Dort, wo es möglich ist, trägt die Stadtverwaltung zur Verbesserung der Situation bei, beispielsweise durch zusätzliche Mülleimer, Kontrollen oder zusätzliche Reinigungstrupps. Doch klar ist auch: Die Innenstadt ist der „Hotspot der Stadt“ mit „unauflösbaren Interessenkonflikten“, so der OB. Dass nicht alle Menschen gewillt sind, das ewig hinzunehmen, zeigt sich auch im 2021 erschienenen Stadtbezirksatlas: Mit rund sieben Jahren durchschnittlicher Wohndauer liegt die Altstadt weit unter dem städtischen Durchschnitt von zehn Jahren. Zum Vergleich: Im Spitzenreiter Waltershofen wohnen die Menschen im Schnitt bereits seit fast 16 Jahren.    

Nahversorger im Atrium

Neues Konfliktpotenzial könnte die Ansiedlung eines Discountmarktes in einer seit langem leer stehenden Fläche im benachbarten Atrium bringen, über die Oberbürgermeister Martin Horn informierte. Er begrüßte die neue Nahversorgungsmöglichkeit und das Ende des Leerstands, wies aber darauf hin, dass die geplante Öffnungszeit bis Mitternacht neue Probleme durch den späten Alkoholverkauf mit sich bringen könnte. Der rechtliche Spielraum der Stadt sei hier sehr begrenzt, dennoch sei man bemüht, im Vorfeld das Gespräch mit dem Betreiber zu suchen, so Horn.

Sprechen hilft

Wie sehr sprechen hilft, aber auch notwendig ist, wurde an dem Abend von vielen Seiten vorgetragen. Babette Korotine, stellvertretende Leiterin des Amts für öffentliche Ordnung, konnte das ebenso bestätigen wie Vollzugsdienstchef Ramon Oswald und Christoph Glück, der als Stadtrat, Gastronom und Dehoga-Vorsitzender gleich dreifachen Grund zur Wortmeldung hatte. Sein Credo: „Direkter Austausch ist der sinnvollste und richtige Weg.“ Auf diese Weise ist es offenbar gelungen, die von einem Anwohner vorgetragenen Lärmkonflikte in der Fischerau, die nach einem Pächterwechsel in einem Restaurant auftraten, deutlich zu entschärfen. Auch Anca Rosler-Koslar, Vorsitzende des Lokalvereins Innenstadt, warb dafür, schon im Vorfeld von Eröffnungen das Gespräch mit den Pächtern zu suchen. Leider habe sich dieses Vorgehen bislang nicht etabliert.

Lösungen schwierig

Insgesamt machte der Abend zweierlei deutlich: Die Probleme der Innenstadtanwohnenden sind ebenso nachvollziehbar wie Lösungen schwierig sind. Gegen Auswüchse hat sich der Vollzugsdienst als wirksames Mittel etabliert; die vom Gemeinderat beschlossene Stellenreduzierung bezeichnete Oberbürgermeister Martin Horn als „Fehler“. Dort, wo es möglich ist, trägt die Stadtverwaltung zur Verbesserung der Situation bei, beispielsweise durch zusätzliche Mülleimer, Kontrollen oder zusätzliche Reinigungstrupps. Doch klar ist auch: Die Innenstadt ist der „Hotspot der Stadt“ mit „unauflösbaren Interessenkonflikten“, so der OB. Dass nicht alle Menschen gewillt sind, das ewig hinzunehmen, zeigt sich auch im 2021 erschienenen Stadtbezirksatlas: Mit rund sieben Jahren durchschnittlicher Wohndauer liegt die Altstadt weit unter dem städtischen Durchschnitt von zehn Jahren. Zum Vergleich: Im Spitzenreiter Waltershofen wohnen die Menschen im Schnitt bereits seit fast 16 Jahren.