Pressemitteilung vom 4. Juni 2024

"Mensch Macht Musik" startet am Mittwoch, 5. Juni, im Museum Natur und Mensch

  • Zwischen Repression, Widerstand und Weltkulturerbe: Neue Ausstellung über Musiktraditionen im Museum Natur und Mensch

Ob bei Zeremonien auf den Marshallinseln, beim Kampftanz Capoeira in Brasilien oder bei modernen elektronischen Klängen aus Simbabwe: Musik spielt – mal laut, mal leise – in den verschiedensten Kulturen eine große Rolle und bringt Menschen weltweit zusammen. Sie ist eine wichtige Quelle für Identität und Zugehörigkeit. Die Ausstellung „Mensch Macht Musik“ präsentiert ab Mittwoch, 5. Juni, im Museum Natur und Mensch traditionelle Instrumente aus unterschiedlichen Regionen der Welt. Die Objekte erzählen Geschichten über die Bedeutung von Musik für die Menschen vor Ort und darüber hinaus. Bis Sonntag, 26. Januar 2025, sind Besucherinnen und Besucher eingeladen, die vielfältigen Rollen von Musik zu erkunden und ihren Musikhorizont zu erweitern.

Der Fokus der Ausstellung liegt auf außereuropäischen Musiktraditionen. Anhand von über 50 Instrumenten aus 24 Regionen weltweit werden unterschiedliche Aspekte von Musik und ihrer Macht – sowohl für Regierungen und Herrschende, als auch für Unterdrückte – aufgegriffen. Dabei verzichtet die Schau auf eine thematische Gliederung nach europäischen musiktheoretischen Ansätzen. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf den einzelnen Instrumenten und deren Geschichten. Verschiedene Fotografien, Hörbeispiele, Filme und eine Leseecke veranschaulichen die Thematik. Außerdem können die Besucherinnen und Besucher viele der gezeigten Instrumente selbst ausprobieren.

Klänge und Töne sind kulturelle Ausdrucksformen, die meist voller Bedeutungen stecken. Sie begleiten Zeremonien und Riten, historische und mythische Erzählungen. In einigen Fällen ist genau geregelt, wer bestimmte Töne hören oder Instrumente spielen darf. Neben Alter und Geschlecht kann der soziale Status den Zugang behindern. So wurden beispielsweise die Aje-Trommeln von den Marshallinseln bis Ende des 19. Jahrhunderts ausschließlich von Frauen gespielt, die bei Konflikten und Kriegen sehr einflussreich waren. Sie begleiteten die Zeremonien sowie Gesangs- und Tanzaufführungen der Männer. Mit der Kolonisierung und Missionierung verloren sie ihren besonderen Status – auch die Aje-Trommeln verschwanden zu dieser Zeit. Dagegen wird der Musikbogen „Ombulumbumba“ aus Namibia noch heute traditionell von Männern gespielt. Je nach Sprache wird er unterschiedlich genannt, zum Beispiel „Tshitendole“ oder „Segwane“.

Musikstile oder Instrumente können – damals wie heute – auch von Herrschenden verboten sein. Die europäischen Kolonialmächte untersagten sie zum Beispiel in den von ihnen eroberten Gebieten, weil sie die Macht, die von den Instrumenten ausging, fürchteten. So war das Spielen des Angklungs, einer Gleitrassel aus Bambusstäben, im 17. Jahrhundert in Indonesien, zu dieser Zeit niederländische Kolonie, zeitweise verboten. Seit 2010 wird es von der Unesco als immaterielles Weltkulturerbe geführt. Auch der Mbira aus Simbabwe erging es ähnlich. Während der Freiheitskämpfe der 1970er-Jahre erfuhr das Instrument, eine Art Daumenklavier, gepaart mit elektronischer Musik jedoch eine Renaissance. Heute gilt es als Symbol für Widerstand und Unabhängigkeit. Das Mbira-Spiel sowie die Herstellung des Instruments sind seit 2020 ebenfalls immaterielles Weltkulturerbe der Unesco.

Die Macht von Musik zeigt sich auch bei anderen Widerstandsbewegungen. In vielen Regionen begleitet Musik Gruppen, die sich auflehnen. Im Fall des brasilianischen Kampftanzes Capoeira tarnte die Musik die Kampfübungen als Tanz. Der Berimbau, ein Musikbogen aus Brasilien, ist das zentrale Instrument der Capoeira. Er gelangte wahrscheinlich mit versklavten und verschleppten Menschen im Zuge der europäischen Kolonisierung der Amerikas vom afrikanischen Kontinent nach Brasilien. Bis heute gilt Capoeira in Brasilien vielen als Widerstand gegen Marginalisierung, Armut und Gewalt.

Die Ausstellung kuratierte das Team der Ethnologischen Sammlung des Museums Natur und Mensch unter der Leitung von Nicole Landmann-Burghart. Unterstützt wurde es von zahlreichen Kooperationspartnerinnen und -partnern, zum Beispiel von Studierenden der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die den Part zum indonesischen Gamelan erarbeitet haben. Auch die aus Namibia stammende und in Deutschland lebende Kuratorin Aino Moongo konnte für das Projekt gewonnen werden. Für die Ausstellung hat sie mit Instrumentenbauern und Musikern in Namibia gesprochen und einen Film über die kulturelle Bedeutung der Instrumente gedreht.

Der Großteil der gezeigten Objekte stammt aus der Ethnologischen Sammlung des Museums Natur und Mensch. Die Provenienzen wurden im Vorfeld kritisch überprüft. So wurden die Fragen geklärt, woher sie kommen und wie sie einst nach Freiburg gelangten. Diese Informationen sind für Interessierte in der Ausstellung transparent aufbereitet.

Ob Familienangebote, Workshops, Vorträge oder Filmvorführungen im Kommunalen Kino: Die Ausstellung begleitet ein umfangreiches und vielseitiges Programm. Wer mag, kann sich im Kampftanz Capoeira ausprobieren, selbst Trommeln fertigen, sein Wissen zu „Weltmusik“ und „Folklore“ hinterfragen oder etwas über die Hip-Hop-Kultur in Tansania erfahren. Alle Veranstaltungen gibt es unter freiburg.de/museen-kalender

Das Museum Natur und Mensch, Gerberau 32, ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und dienstags bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Unter 27 Jahren, für Mitglieder des Freundeskreises, mit Freiburg-Pass und mit Museums-PASS-Musées ist der Eintritt frei.

Weitere Infos zur Ausstellung gibt es unter freiburg.de/mensch-macht-musik

Blick ins Museum für Neue Kunst

Veröffentlicht am 04.06.2024