Manche Straßen in Freiburg waren höchst fragwürdig benannt. Immer wieder gab es deshalb Beschwerden aus der Bürgerschaft. Gefordert wurde in der Regel, dass die jeweiligen Straßen umbenannt werden sollten. Im Jahr 2012 berief der Gemeinderat deshalb eine Kommission von Expertinnen und Experten ein, um alle Straßenbenennungen fundiert wissenschaftlich zu überprüfen.
Alle 1300 Straßennamen wissenschaftlich untersucht
Die Kommission hat sämtliche 1300 Namen, die es in Freiburg für Straßen und Plätze gibt, anhand aller zugänglichen Quellen überprüft. Folgende Kriterien wurden verwendet:
- aktive Förderung des Nationalsozialismus beziehungsweise des NS-Unrechtsstaates von führender Position aus
- extremer Rassismus in Theorie und/oder Praxis
- aggressiver Antisemitismus bei Personen, die Multiplikatoren darstellten
- Militarismus in Form der Glorifizierung des Ersten Weltkrieges (Dolchstoßlegende)
- extreme unzeitgemäße Frauenfeindlichkeit
Ausfindig gemacht werden sollten nicht sogenannte Mitläufer, sondern führende Persönlichkeiten, die über entsprechenden Einfluss verfügten. Die Kommission hat versucht, die Straßennamen mit historischem Blick zu betrachten: Wer war beispielsweise selbst für eine Zeit, in der Antisemitismus als salonfähig galt, ein besonders glühender Verfechter dieser Haltung?
Ergebnis: 12 Straßen sollen neuen Namen erhalten
Im Ergebnis (345 KB) empfahl die Kommission für 12 Straßen eine Umbenennung, da die bisherige Straßenbenennung nicht mehr haltbar sei. Für weitere 15 Straßennamen empfahl die Kommission, neben den bisherigen Schildern zusätzlich Erläuterungsschilder anzubringen, den Namen aber nicht zu verändern.
Die übrigen Namen gelten als unbelastet. Bei 44 Straßen merkte die Kommission allerdings an, dass diese Straßennamen nach heutiger Beurteilung so nicht mehr gewählt würden. Für das sogenannte Heldenviertel riet die Kommission - abgesehen von der Umbenennung der Gallwitzstraße - zu einer Umwidmung der Namen im Sinne einer Opferperspektive an Stelle einer "Heldenverehrung".
In seiner Sitzung am 15. November hat der Gemeinderat die Empfehlung der Kommission mehrheitlich gebilligt. Nach der Entscheidung hat die Verwaltung sukzessive für jede umzubenennende Straße Anlieger- und Bürgeranhörungen und Informationsveranstaltungen angeboten. Jede einzelne Umbenennung musste vom Gemeinderat gesondert beschlossen werden (Beschlussdrucksache: G-16/212)
Straßennamen als kollektives Gedächtnis der Stadt
Mit den Umbenennungen sollten keine geschichtlichen Fakten ausgelöscht werden – im Gegenteil. Zusatztafeln und Erläuterungen an den Straßen sollen die Vergangenheit in der Stadtöffentlichkeit präsent halten. Gemeinhin gilt aber: Straßen werden nach Menschen benannt, denen besondere Ehre zuteil werden soll. Menschen mit verbrecherischen Ansichten und Taten - auch wenn ihre sonstigen Leistungen unbestritten sind - müssen nicht in dieser Form gewürdigt werden.