Stadtfunktion: Wohnen

Die demografische und gesellschaftliche Entwicklung (Individualisierung der Lebensstile) sowie der Wanderungssaldo lassen den Wohnraumbedarf wachsen (mehr Wohnungen, mehr kleinere Wohnungen) und erfordern neben der Herstellung von mehr Dichte das Ausweisen zusätzlicher Wohnflächen in bisher unbebauten Bereichen, v.a. im Außenbereich auf Freiburger Gemarkung.

Die weiterhin im Vergleich zum Angebot höhere Nachfrage nach Wohnraum lässt die Wohnungspreise auf dem privaten Wohnungsmarkt weiter steigen, was die Stadt unter Handlungsdruck setzt. Um Wohnraum für alle Bevölkerungsteile zu erhalten und zu schaffen, sind die Stärkung der aktiven Bodenpolitik, die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus und der Aufbau von regionalen Kooperationen zur Abstimmung bzw. Steuerung der Wohnraumversorgung erforderlich.

Anteil Flächennutzung insgesamt steigend

Anteil Flächennutzung

insgesamt steigend

Anteil Flächennutzung insgesamt steigend

Wohnraum wird – neben der Innenentwicklung – in erster Linie am Stadtrand und in den Ortslagen geschaffen. Dabei erhalten überwiegend nutzungsgemischte Gebiete gegenüber reinen Wohnquartieren einen höheren Stellenwert. Damit werden wichtige komplementäre Funktionen gewährleistet (z.B. Infrastruktur, Mobilitätsangebote) und ein Mehrwert für die angrenzenden bestehenden Quartiere und die Gesamtstadt generiert bzw. bestehende Mängel kompensiert (z.B. Infrastruktureinrichtungen tragfähiger machen) sowie kompakte Strukturen mit kurzen Wegen erhalten. Bei den zusätzlich ausgewiesenen Flächen werden Infrastruktur und Mobilitätsanforderungen (Anbindung an den ÖPNV) und sportlich nutzbare Freiräume weiterhin von Anfang an mitgedacht. Bei dem Ausweisen neuer Flächen wird zum einen auf eine Verbundstruktur geachtet (gute Grundversorgung und verkehrliche Anbindung, prioritär in Gebieten mit erhöhtem Infrastrukturedarf) und zum anderen darauf, dass eine Vielfalt von Quartieren entsteht bzw. erhalten bleibt (traditionelle Orte und moderne ökologische Siedlungen etc.).

Erhöhte Dichte, insbesondere das Bauen in die Höhe, wird im Zusammenhang mit einem erforderlichen Bauhöhenkonzept konsequent mit ökologischen Zielen verbunden, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden (z.B. Energiegewinnung durch Photovoltaik oder Photosynthese an den Fassaden, Begrünung von Dächern und Fassaden). Zudem ist die öffentliche bzw. halb-öffentliche Zugänglichkeit von Dachgeschossen eine wichtige Voraussetzung zur Integration der nutzungsgemischten Hochpunkte in die Quartiere. Es werden insgesamt weiterführende Auflagen zur Begrünung von neuen Gebäuden gemacht. Um eine ausgewogene soziale Bevölkerungsmischung zu erreichen, wird der soziale und preisgedämpfte Wohnungsbau bei der Neuausweisung von Gebieten konsequent gestärkt, um der Bildung von gesellschaftlich segregierten Quartieren entgegenzuwirken (u.a. Vermeidung von Gated Communities).

  • Gemeinschaftswohnen: Bei der schwereLos-Gruppe des 3-Häuser Projektes des Mietshäusersyndikats steht gemeinschaftliches Wohnenin bezahlbarem Mietwohnraum im Vordergrund. Integriert sind Gemeinschaftsräume und eine KiTa sowie einem Gemeinschaftsraum, derfür den ganzen Stadtteil offen ist.
    3-Häuser-Projekt in den Gutleutmatten (Haslach)
  • Neue Wohnformen / Kombination mit sozialer Infrastruktur: Vaubanaise eG – Vorbildliche Genossenschaft: Das sozial-inklusive Wohnprojektist ein Vorbild für gelebte Wohngenossenschafen in Freiburg. Es verbindet neben Wohn- und Lebensraum für Menschen verschiedenenAlters auch Wohnungen mit Unterstützungsbedarf. In der Erdgeschosszone sind zusätzlich soziale Einrichtungen vorhanden.
    Wohnprojekt Vaubanaise eG im Stadtteil Vauban
  • Quartiersplatz und Wohnen: Zur Kommunikation einladendes Quartierszentrum in direkter Nachbarschaft zum ersten deutschen Hochhaus,das zu einem Passivhaus umgebaut wurde.
    Else-Liefmann-Platz (Weingarten)

Zur Senkung des durchschnittlichen individuellen Wohnflächenverbrauchs werden vermehrt alternative Wohnformen, Bauträger und alternative Bauherrengemeinschaften gefördert, die zu einer Abnahme der pro- Kopf Wohnfläche und Zunahme von gemeinschaftlich genutzten Flächen führen und gleichzeitig die Finanzierbarkeit von privatem Wohneigentum sowie die Verfügbarkeit von bezahlbaren Mietobjekten erleichtern. Ein attraktives Wohnumfeld sowie ein qualitativ hochwertiger öffentlicher Raum (Freiraum als "zweites Wohnzimmer") erfahren eine steigende Nachfrage.

Das Potenzial der Nachverdichtung ist z.T. schwer auszuschöpfen: Viele Flächen befinden sich in privater Hand bzw. im Streubesitz und eine Steuerung durch die Stadt ist dadurch stark begrenzt. Auf der anderen Seite ist Nachverdichtung durch bestehende baurechtliche Regelungen (z.B. Pkw-Stellplatzschlüssel, Abstandsregeln) eingeschränkt. Die Stadt ergreift Initiative in Form von Überprüfung von Regelwerken und Ermöglichen von Sonderregelungen, Einrichten von Förderprogrammen etc.

Ob in Stadtkern, Rand- oder Ortslagen: Wo Nachverdichtung nicht umsetzbar ist, wird es legitim über Abbruch und Neubau nachzudenken (Voraussetzung: Gebäude ist renovierungsbedürftig, nicht denkmalgeschützt etc.).

  • Mehr Mischnutzungen (insbesondere Schaffung von Wohnraum) auch im historischen Stadtkern werden angestrebt. Freiwerdende große Handelsflächen bspw. von Kaufhäusern und vereinzelt auch Bürogebäude werden im Sinne einer lebendigen Mischung umgenutzt.
  • Die Stadt hat angesichts der vor allem nachfragebedingt steigenden Wohnungspreise mit gesellschaftlichen Polarisierungseffekten zu kämpfen, wie z.B. dem Wegzug von Haushalten mit geringerem Einkommen oder jungen Familien in die Region.

Potenzielle Konflikte und Herausforderungen

  • eine aktive Liegenschaftspolitik bspw. durch das Ausüben von Vorkaufsrechten erfordert ein hohes Maß an finanziellen Mitteln im Haushalt
  • mehr Wohnraum durch erweiterte Siedlungsflächenentwicklung vs. landwirtschaftliche Nutzung
  • Nachverdichtung, vereinzelt Abriss und Neubau sind unter der Wahrung der Identität ortsbildprägender Bereiche vorzunehmen
  • Bauen in die Höhe steht, abhängig von der Lage im Stadtgebiet, in einem differenziert zu betrachtenden Spannungsfeld mit dem Erhalt des sensiblen ortsbildprägenden Stadtbilds
  • energetische Sanierung und hohe ökologische Standards vs. bezahlbarer Wohnraum (Polarisierung)
  • ökologische Standards und Anforderungen an höhere Dichten sind mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen – dies erfordert innovative Lösungen der energetischen Sanierung, um ortsbildprägende Bereiche im Sinne des Denkmalschutzes zu erhalten
  • zunehmende Komplexität und zeitliche Abstimmung von Infrastruktur (inkl. Mobilität) mit Siedlungsplanung (erst Entwicklung der technischen Infrastruktur, dann Wohnungsbau)
  • Wunsch nach Einfamilienhaus vs. flächensparender Siedlungsentwicklung und höherer Dichte
  • Sicherung von Freiräumen vs. stärkere Verdichtung durch mehr Wohnraum

Handlungsansätze

Bauleitplanung (FNP 2040):

  • Entwicklungsbereiche für vorrangige Innenentwicklung und Mehrfachnutzungen definieren: Darstellung von Entwicklungsbereichen in der Stadt (Bestand), in der ein Dichte- und Höhenzuwachs durch Anbau und Aufstockung, die Ergänzung von Nutzungen oder der Abriss und Neubau, für möglich erachtet wird. 
  • Entwicklungssensible Bereiche darstellen: Im Gegenzug Kennzeichnung von Bereichen mit hohem Erfordernis zur Erhaltung des Stadt- und Landschaftsbildes und wertvoller Grün- und Freiflächen.
  • Neubaugebiete sinnvoll arrondieren: Suche und Darstellung von erforderlichen neuen Wohnbauflächen.
  • Lebendige und kompakte Quartiere statt monofunktionaler Siedlungen: Verortung von Flächen, die soziale Nachbarschaften und Begegnungen mit hoher Nutzungsmischung und guter Infrastruktur ermöglichen im Bestand und bei Neubaugebieten. Prüfung der Verwendung gemischter Bauflächen. Förderung von Mischgebieten vor allem in zentralen Lagen durch Darstellungen im FNP.
  • Gute ÖPNV-Erschließung als Bedingung für die Ausweisung neuer Wohnbauflächen: insbesondere bei größeren Wohnbauflächenentwicklungen ist die ÖPNV-Erschließung von Beginn an mit zu planen – im Idealfall liegt eine gute Erschließung mit Stadtbahn und S-Bahn vor.
  • Gute Freiraumversorgung als Bedingung von Entwicklung: Weitere bauliche Entwicklung in Lagen mit einer ausreichenden Freiraumversorgung und/ oder wo nicht vorhanden, Schaffung und Qualifizierung durch neue Angebote mit attraktiven Grün- und Freiflächen. Wohnen und wohnortnahe Freiräume als Einheit planen.
  • Höheres Bauen ermöglichen: Flächen für vertikale Quartiere prüfen (Verbund von jeweils mehreren höheren Gebäuden mit hoher Wohndichte).
  • Bodenpreisentwicklung bremsen: Um auch zukünftig die kostendeckende Realisierung von lebendigen sozialgerechten Quartieren einschließlich der erforderlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu garantieren, ist im weiteren Verfahren zu prüfen, wie die städtebaulichen und bodenpolitischen Instrumente / Handlungsoptionen u. a. zur Steuerung der zukünftigen Siedlungsentwicklung im Rahmen einer gesamtstädtischen Strategie sinnvoll eingesetzt werden können. Hierbei ist auch der Einsatz weiterer städtebaulicher Instrumente in Kombination mit dem FNP zu prüfen.