Der Bedarf an Ver- und Entsorgungsflächen steigt zum einen durch die wachsenden Bevölkerungszahlen und den Zuwachs an Gewerbe. Zum anderen sind der mit der Digitalisierung verbundene wachsende Bedarf an Datenleitungen und Energie wichtige Treiber. Die Aufrechterhaltung bzw. die Erweiterung der Infrastruktur zur Ver- und Entsorgung erfordert ein hohes Maß an Investitionen, auch wenn Förderprogramme von Bund und Land erschlossen werden können.
Im Gegenzug ermöglicht der Einsatz von smarten Systemen eine Effizienzsteigerung: Ob Abfallwirtschaft, Verkehrssteuerung oder Straßenbeleuchtung - in Echtzeit können Arbeitsabläufe und Versorgungsströme optimiert werden. Dort, wo die Digitalisierung und Algorithmisierung ökologische Ziele unterstützt (z.B. Verringerung des Energieverbrauchs), gibt es eine recht breite Zustimmung in der Bevölkerung. Die kritischen Auseinandersetzungen nehmen dennoch zu, vor allem dort, wo im Bestand die Infrastruktur weiterentwickelt wird (wie z.B. der Ausbau des Internet-Netzes), werden Vorhaben infrage gestellt und verzögern sich.
Entwicklungen in Richtung einer Kreislaufwirtschaft und einem stärkeren Fokus auf regionale Kreisläufe stellen neue Anforderungen. Aufbereitungsanlagen werden multifunktional entwickelt (Material- und Stofftrennung von Abfall in Wohn- oder Gewerbeanlagen, Freizeit- und Grünflächen oder Photovoltaik auf den Müllverbrennungs- und Kläranlagen etc.). Sie finden ihre Flächen weniger in der Kernstadt als am Stadtrand und in den Ortslagen – oder bei flächenintensiven Nutzungen auch in der Region.
Die Energiegewinnung erfolgt überwiegend regenerativ: Zum einen dezentral mit Solarenergie an Fassaden und auf Dächern und zum anderen zentraler als flächensparende Energieproduktion (z.B. Agrophotovoltaik am äußeren Stadtrand oder in den Ortslagen oder Photovoltaik im Zusammenhang mit verkehrstechnischen Infrastrukturanlagen), die sich in die Kulturlandschaft und das Landschaftsbild einfügt. Neben Programmen von Bund und Land fördert die Stadt gezielt die dezentrale Energieproduktion und -versorgung. Große Fortschritte werden in diesem Bereich vor allem durch die Möglichkeit zur Energiespeicherung erreicht. Gebäude produzieren und speichern zunehmend mehr Energie, als sie verbrauchen und speisen diese in das lokale Netz ein, sodass viele Quartiere energieautark werden.
Zum einen beschleunigen das mit dem städtischen Wachstum verbundene erhöhte Maß an Versiegelung und der steigende Verbrauch an Wasser die Problematik der klimabedingten Wasserknappheit. Zum anderen sorgen vermehrt Klimaextreme wie Starkregenereignisse für Sturzfluten, sodass das Wasser nicht richtig versickern und gespeichert werden kann.
Ein weiteres Risiko ist die Anfälligkeit der Ver- und Entsorgungseinrichtungen durch Klimawandel und Wetterextreme (z.B. Beschädigung von Strommasten durch Stürme, Überflutung von Anlagen, Wasserknappheit).
Im Bestand müssen innovative technische Ansätze gefunden werden, um die Anforderungen der dezentral ausgerichteten Infrastruktur und dem Bestand mit dem Stadtbild (z.B. Photovoltaik auf Dächern und Fassaden) zu vereinen. So bleiben Photovoltaikanlagen an denkmalgeschützten Gebäuden weiterhin eine Ausnahme. Gleichzeitig machen Hitzeperioden eine gute Versorgung und Steuerung des Energieverbrauchs und energetische Sanierungen notwendig.
Am Stadtrand und in den Ortslagen können durch den Verbund der dichteren Gebiete Grundlagen für gut ausgestattete Netze entwickelt werden (Kommunikation, Wasser und Strom).
Potenzielle Konflikte und Herausforderungen
- energetische Erneuerung vs. bezahlbarer Wohnraum
- energetische Erneuerung und der Erhalt denkmalgeschützter Gebäude sind in Einklang zu bringen – hierfür bedarf es klarer Regeln, die das Stadtbild berücksichtigen
- Energiebilanz vs. Siedlungsbau (der Energieeinsatz/ CO2 Verbrauch ist insb. bei der Herstellung von Stahlbeton und auch weiteren Baustoffen sehr hoch und wirkt sich negativ auf die Energiebilanz von Gebäuden aus)
- Agrarprodukte zur Energiegewinnung bspw. für Biogasanlagen sind auf Grund des Verlustes landwirtschaftlicher Flächen rückläufig – dies erfordert einen verstärkten Einsatz anderer erneuerbaren Energiegewinnungsformen
- Sicherstellung der Wasserversorgung (Versiegelung, Hitzeperioden)
- steigende Digitalisierung vs. Energieeinsparungen
- potenziell steigende Angreifbarkeit (z.B. Cyber-Kriminalität, Klimawandel) der digitalen Systeme könnte Störausfälle mit sich bringen
- der Ausbau von digitalisierten Ver- und Entsorgungsanlagen ist für die Kommune kostenintensiv
- Anlagen zur Kreislaufwirtschaft, bspw. zur Wiederverwertung von Rohstoffen und Baustoffen, erfordern hohe Flächenbedarfe
- zudem schränken mögliche Lärm- und Geruchsemmissionen einige Kombinationen mit anderen Nutzungen wie z.B. Wohnen ein
Handlungsansätze
Bauleitplanung (FNP 2040):
- Überprüfung von Möglichkeiten der Mehrfachnutzung von Flächen für Ver- und Entsorgung mit anderen Stadtfunktionen: z.B. mit Land- und Forstwirtschaft durch Agro-Photovoltaik oder mit Verkehrsinfrastrukturanlagen, z.B. Überspannen von Autobahnen, Bundesstraßen.
- Förderung der dezentralen Energieproduktion: Suche, Darstellung und Prüfung, welche Flächen für die erneuerbare Energieproduktion geeignet sind: Dazu zählen sowohl Flächen, die ausschließlich für EE reserviert werden sollen, als auch Flächen für Verkehr, Handel, Gewerbe, Wohnen, Parken, etc., die gleichzeitig für erneuerbaren Energieproduktion genutzt werden sollen. Darüber hinaus können auch Flächen, die dem Schutz der Schutzgüter und gleichzeitig auch zum Klimaschutz und zu Klimaanpassung beitragen (z.B. auch natürliche Klimaschutzfunktion der Biotope und Böden wie Niedermoore). Ebenso können Anlagen, Einrichtungen und sonstige Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung sowie Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, dargestellt werden. Prüfung, in welchem Umfang eine Darstellung im FNP 2040 erfolgen muss, damit diese im Rahmen der vorbereitenden und verbindlichen Planungen (Rahmenpläne, Bebauungsplanung, Bauvorhaben) auch integriert beachtet und mitgeplant werden (Schraffuren, um Flächen bspw. für Agro-PV-Anlagen darzustellen oder Einsatz von Symbolen zur Verortung von Potenzialen, bspw. bei Versorgungsanlagen).
- Regionale Verlagerung: Verlagerung von flächenintensiven Betrieben der Kreislaufwirtschaft in die Region im Rahmen von regionalen/ interkommunalen Kooperationen.
- Schutzzonen für die Niederschlagswasserbewirtschaftung und die Wasserrückhaltung definieren: Bereiche mit besonderer Bedeutung für die Versickerung, die Retention und die Nutzung von Niederschlagswasser sowie die Retention von Oberflächenwasser in den Überflutungsbereichen der Fließgewässer (u.a. auch Schutzzonen für Starkregen).